Welche neuen Anforderungen stellen sich an Städte und Regionen als Arbeitsort im Hinblick auf den wirtschaftlichen und demografischen Strukturwandel, insbesondere vor dem Gesichtspunkt der fortschreitenden Digitalisierung? Diese und weitere aktuelle Forschungsfragen zur urbanen Entwicklung wurden auf dem 6. Hochschultag der Nationalen Stadtentwicklungspolitik, der am 1. und 2. Juni 2018 in Berlin stattfand, von Vertretern aus Bund, Ländern und Kommunen, Wissenschaft und Forschung sowie aus der Wirtschaft gemeinsam diskutiert. Organisiert wird der jährlich stattfindende Hochschultag von der deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung.

Auch die Agentur für Technologie und Netzwerke KOM (aconium) war bei der Veranstaltung vertreten, um sich im Rahmen von Vorträgen und Foren sowohl über die Veränderungen in der Arbeitswelt als auch über die sich daraus ergebenden Herausforderungen und Lösungsansätze für die Stadt- und Regionalentwicklung zu informieren. Die Herausforderungen der Regionalentwicklung spielen in vielen Projekten der aconium GmbH eine prominente Rolle, sei es im Breitbandausbau, bei internationalen Kooperationen im Rahmen von Interreg oder auch für die Erarbeitung von Konzepten und Strategien für die Entwicklung von Tourismus und Einzelhandel.

Nach der Industrialisierung und der Tertiärisierung bringt insbesondere die Digitalisierung neue tiefgreifende Veränderungen für die Arbeitswelt  mit sich (Fachdossier zu diesem Thema als PDF herunterladen), auch im räumlichen Kontext. Die Referenten des 6. Hochschultages der Nationalen Stadtentwicklungspolitik aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen (u.a. Sozialgeografie, Bauingenieurwesen und Zukunftsforschung) analysierten diese Veränderungen in ihren Vorträgen einerseits kritisch, zeigten aber auch die vielen sich dadurch ergebenden Chancen für urbane Systeme auf.

So wurde etwa anhand von Praxisbeispielen das Konzept der „Urban Fabric“ vorgestellt, das darauf abzielt, Produktionsstätten wieder zurück in die Stadt zu holen. Solche urbanen Fabriken müssen sich einerseits ins Stadtbild einpassen. Andererseits bieten sie insbesondere der umliegenden Nachbarschaft neue Impulse und Potenziale. In Lernfabriken stehen beispielsweise Weiterbildungsangebote für Studenten und Auszubildende oder interessierte Bürger zur Verfügung. Produkte können in sogenannten FabLabs (Fabrikationslabor = offene Werkstätten) vor Ort designt, gefertigt und verkauft werden. Das geschieht oft auch gemeinsam mit den Kunden, sodass diese ein individuelles Produkt erhalten können. Insbesondere für Kleidung, Schuhe, Uhren, Brillen, Sportgeräte oder Möbel ist dieses Konzept interessant. Dabei spielt die Entwicklung neuer Fertigungsmethoden und -technologien wie der 3D-Druck für die Umsetzung dieses Produktionsmodells eine wichtige Rolle.

Die nationale Stadtentwicklungspolitik betrifft aber nicht – wie so oft angenommen – nur urbane Zentren, sondern ebenso den ländlichen Raum. Immerhin fast 50 Prozent der verfügbaren Förder- und Forschungsmittel fließen in Kleinstädte und ländliche Regionen. In Bezug auf die Arbeitswelt haben diese Gebiete besonders mit Herausforderungen wie dem Fachkräftemangel, dem Leerstand von Gewerbe- und Wirtschaftsflächen oder der Abhängigkeit von wenigen großen Arbeitgebern zu kämpfen.

Im Rahmen des Themenforums „Ländlicher Raum und kleine Städte“ wurden auf dem 6. Hochschultag der Nationalen Stadtentwicklungspolitik verschiedene Projekte und Best Practice Orte vorgestellt, die darauf abzielen, den ländlichen Raum sowie Kleinstädte als Arbeitsorte zu optimieren oder die ihre Attraktivität dahingehend bereits etablieren konnten. Dazu zählt beispielsweise die Gemeinde Ortrand im Süden Brandenburgs, die durch eine ausgewogene Verteilung von traditionellen Handwerksbetrieben und großen Industrieunternehmen heute über 97 Prozent Erwerbstätigkeit verzeichnen kann. Das Wendland in Niedersachsen wiederum schaffte den Wandel zu einem attraktiven Arbeits- und Lebensumfeld mithilfe von Umbau- und Restaurierungsarbeiten sowie dem Neubau von an das Ortsbild angepassten Gebäuden.

Einige große Fragen bleiben jedoch: Wie viel Einfluss darf auf die Gestaltung von Städten und Gemeinden als Unternehmensstandort genommen werden? Was darf ein Unternehmer konkret tun, um einen Standort für seine Mitarbeiter und Fachkräfte attraktiver zu gestalten oder anders ausgedrückt: Was fällt unter den Begriff „Corporate Social Responsibility“ und wann wird die Grenze zu einer unverhältnismäßigen Einflussnahme über die Gestaltung der Räume überschritten?

Mit angeregten Diskussionen und viel fachlichem Input konnte der diesjährige Hochschultag der Nationalen Stadtentwicklungspolitik letztendlich nicht nur Vertretern der Stadtentwicklung, sondern auch der Regionalentwicklung einen wissenschaftlichen Einblick zu aktuellen Fragestellungen in diesem eng mit den aconium-Themen verknüpften Forschungsfeld bieten.


Foto oben: Teilnehmer des 6. Hochschultages der Nationalen Stadtentwicklungspolitik am 01.06.2018 in Berlin.
Foto unten: Austauschmöglichkeiten der Teilnehmer beim 6. Hochschultag der Nationalen Stadtentwicklungspolitik.
Fotocredits: aconium GmbH