Wie viele ländlich geprägte Regionen Deutschlands arbeitet auch der Kreis Lippe daran, die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen. Der Kreis im Nordosten Nordrhein-Westfalens sieht in dem durch die Digitalisierung beförderten Wandel von Gesellschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft eine Chance für mehr Wohlstand und Lebensqualität. Landrat Axel Lehmann fasst das Vorhaben des Kreises zusammen: „Der Kreis Lippe wird bis 2025 unter den ländlich geprägten Regionen führend in der Digitalisierung und dynamisch in der Wirtschaftsentwicklung sein. Dieses Kernziel hat der lippische Kreistag bereits 2017 innerhalb des Zukunftskonzepts Lippe 2025 beschlossen, um den Strukturwandel proaktiv zu gestalten und die Zukunftsfähigkeit Lippes zu sichern.“ Stefan Ostrau, Leitzielverantwortlicher von Lippe, sieht hierfür den Ausbau des schnellen Internets, die Umsetzung der digitalen Verwaltung und die Erarbeitung einer Digitalisierungs- sowie Open Data-Strategie als notwendige Schritte an. Die verschiedenen Digitalisierungsprojekte im Kreis zeugen davon, dass die Region bereits an der Umsetzung ihres Kernziels arbeitet.
Chancen durch ein hochleistungsfähiges Breitbandnetz
Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Kooperationen zwischen den Kommunen befördern die Digitalisierung im Kreis Lippe und stärken die gesamte Region. Mit dem Aufbau „smarter“ Wirtschaftssysteme aus regionalen Partnern ergibt sich für den Kreis die Chance, sich als Moderator des digitalen Wandels zu etablieren. Um den Bedürfnisse des „Dorfes von Morgen“ zu decken und bürgerschaftliches Engagement zu befördern, sind hochleistungsfähige Netzanbindungen unverzichtbar, wie Ostrau betont: „Der Ausbau des digitalen Dienstleistungsangebotes sowie der digitalen Modellregionen wird auf Dauer ohne ein hochleistungsfähiges Breitbandnetz nicht möglich sein“. Auch für Landrat Lehmann liegen die Potenziale schneller und stabiler Internetverbindungen auf der Hand: „Neben digitalen Verwaltungsleistungen können dadurch auch die Chancen des ländlichen Raumes maßgeblich vorangetrieben werden.“
Die Schaffung einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur verfolgt der Kreis Lippe deshalb mit oberster Priorität. Das Erfolgsrezept sieht der Kreis in einem kooperativen Vorgehen. Gemeinsame Digitalisierungsstrategien der Städte und Gemeinden im ländlichen Raum tragen zur Attraktivität des Lebens- und Wirtschaftsstandortes bei. Seit 2010 koordiniert der Kreis Lippe zusammen mit der Stadt Detmold sowie der IHK Lippe zu Detmold den kreisweiten Breitbandausbau.
Wenn Telekommunikationsunternehmen vor Ort nicht eigenwirtschaftlich ausbauen und die vorhandene Internetgeschwindigkeit unter 30 Mbit/s liegt, können Landkreise, Städte und Gemeinden unter entsprechenden Voraussetzungen einen Förderantrag für das Bundesförderprogramm Breitband des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) stellen.
Mit Hilfe der Bundesförderung Breitband will der Kreis eine flächendeckende NGA-Breitbandversorgung erreichen. Dafür soll er Bundesfördermittel in Höhe von mehr als 11,4 Millionen Euro erhalten. Das Land Nordrhein-Westfalen steuert knapp 9,5 Millionen Euro bei, zwei Millionen Euro Eigenmittel bringt der Kreis auf. Mit den Fördermitteln werden 497 Kilometer Tiefbauarbeiten und die Verlegung von 497 Kilometern Leerrohren finanziert. Nach Abschluss der Infrastrukturmaßnahme sollen über 18.000 Haushalte, 948 Unternehmen und 48 institutionelle Nachfrager, darunter 14 Schulen, 17 weitere Bildungseinrichtungen, ein Krankenhaus und 13 Pflegeeinrichtungen, mit Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s versorgt sein. Vor allem die Außenbereiche in dem überwiegend ländlich geprägten Kreis sollen vom Breitbandausbau mit dem Förderprogramm profitieren.
Digitalisierungsprojekte im Kreis Lippe stärken die gesamte Region
Die Region Ostwestfalen-Lippe (OWL), zu der der Kreis Lippe gehört, hat das Technologie-Netzwerk „it‘s owl“ (intelligente Technische Systeme OWL) ins Leben gerufen, das 2012 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als Spitzencluster ausgezeichnet wurde. 200 Firmen und Forschungseinrichtungen haben bis 2017 in dem Cluster an 47 Forschungs- und Entwicklungsprojekten gearbeitet. Damit werden neue Geschäftsmodelle entwickelt und Arbeitsplätze in der Region gesichert. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen sieht das Technologie-Netzwerk in OWL als „Vorbild für die Stärkung regionaler Innovationskraft“, sagt Jürgen Gausemeier vom Paderborner Heinz-Nixdorf-Institut. Das Land NRW fördert das Cluster mit insgesamt 53 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren. Ziel ist es, 30 neue Konzepte für den Technologietransfer zu erarbeiten, bei denen auch kleine und mittelgroße Unternehmen eingebunden werden sollen.
Neben der Mitwirkung bei „it’s owl“ werden im Kreis Lippe Digitalisierungsstrategien sowohl in einzelnen Städten als auch für mehrere Kommunen entwickelt. Die Stadt Lemgo erarbeitet beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut IOSB-INA eine Digitalisierungsstrategie mit Schwerpunkt im Smart City Bereich. Für Lemgo Digital arbeiten Stadt und Institut mit Bürgern, Einzelhändlern, Unternehmen und Kommunen zusammen. Beim Kick-Off-Event sammelten Verkäufer, Mitarbeiter aus dem Stadtmarketing und Bürger erste Ideen, über deren technologische Lösungsansätze eine Expertenrunde im Anschluss beriet. Themen waren Mobilität, Umwelt und der stationäre Einzelhandel. Zusätzlich starteten bereits mehrere Impuls-Projekte für Lemgo Digital. So unterstützen Sensoren und Apps bei der Parkplatzsuche in der Innenstadt und die bessere Vernetzung der Stadtbusse hilft, den ÖPNV optimaler aufeinander abzustimmen. Von dem dreijährigen Projekt Lemgo Digital sollen in Zukunft auch andere Mittelstädte profitieren.
Ein Vorhaben, das bereits jetzt mehrere Kommunen nutzen, wurde vom Kommunalen Rechenzentrum Minden-Ravensberg/Lippe (krz) und seinen Verbandskommunen erarbeitet. Ihre Digitalisierungsstrategie umfasst über 170 Handlungsempfehlungen. Koordiniert wurde die Strategie für die Kommunen von der Arbeitsgruppe E-Government.
Mit dem Institut für Verwaltungsmanagement, Mittelstandsforschung und Zukunftsplanung (IVM²) ermittelte die Arbeitsgruppe in acht Modellkommunen den digitalen Ist-Zustand. Dafür wurden Daten, Sachstände und Planungen zum E-Government in den Kommunen ausgewertet. Mit Hilfe der E-Government-Strategie konnten Empfehlungen für die Referenzkommunen, etwa bei der Personalausstattung oder der Prozessoptimierung gegeben werden. „Die Digitalisierung der Kommunen ist vorrangig ein Thema für die gesamte Verwaltungsorganisation und kann nicht nur aus Sicht der IT betrachtet werden“, kommentierte der stellvertretende Geschäftsführer des krz, Lars Hoppmann, den Abschlussbericht des Projekts. Eine übergreifende Steuerung der Aktivitäten sieht er als großen Vorteil. Für den Kreis Lippe sind Open Data und Open Government wesentliche Bausteine für die regionale Innovationskraft. Unter anderem durch „Hackathons“ soll dieser Themenkomplex weiter verstärkt werden.
Titelbild: Logo zum Zukunftskonzept Lippe 2025
Fotocredit: Kreis Lippe
Foto unten: Das Hermannsdenkmal bei Detmold.
Fotocredit: Falko Sieker / Kreis Lippe