Im nördlichen Harzvorland, im Dreiländereck von Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen liegt der Landkreis Harz. Direkt an der mitteldeutschen Wirtschaftsachse zwischen den Ballungsräumen Hannover-Halle-Leipzig und Berlin-Magdeburg-Göttingen. Hier findet man zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen, Forschungseinrichtungen sowie Handwerksbetriebe aus den verschiedensten Branchen, etwa der Kunststoff- und Medizintechnik oder der Automobilzulieferer- und Metallindustrie. Die rund 220.000 Einwohner in den 14 Gemeinden sind Teil einer geschichtsträchtigen Region, wovon die zahlreichen historischen Gebäude, Klöster, Kirchen, Schlösser und Burgen mit einer oftmals mehr als 1000-jährigen Geschichte zeugen. Der Landkreis Harz wurde erst 2007 im Rahmen einer Kreisgebietsreform gegründet, bei der die drei Landkreise Halberstadt, Quedlinburg und Wernigerode sowie die Stadt Falkenstein/Harz zusammengeschlossen wurden.
Um auch in Zukunft ein Anziehungspunkt zum Leben, Arbeiten und für Urlauber zu sein, investiert der Landkreis unter anderem in die digitale Infrastruktur. Der erste symbolische Spatenstich für den Breitbandausbau im Landkreis Harz fand im Mai 2018 im Quedlinburger Gewerbegebiet Groß Orden statt. In der ersten Phase, in der neben Quedlinburg auch Gewerbegebiete in Harzgerode, Halberstadt und Wernigerode bis zum Jahresende mit Bundesfördermitteln ausgebaut werden, soll vor allem die Wirtschaft von den schnellen Leitungen profitieren.
Die Topographie der Region stellt die Tiefbauunternehmen jedoch vor einige Herausforderungen. Neben den Höhenzügen des Harzer Mittelgebirges im Südwesten des Landkreises, stellt insbesondere das starke Gefälle des Brockens, der höchsten Erhebung Norddeutschlands, die Bauplaner vor Schwierigkeiten. Mehr als 40 Prozent der Fläche des Landkreises sind zudem mit Wald bedeckt. Dort muss die Glasfaserverlegung besonders umweltschonend stattfinden.
Durch geeignete Verlegemethoden können die Tiefbauer diese topographischen Herausforderungen bewältigen. Beispielsweise kann man mit dem Spühlbohrverfahren Leerrohre in Regionen verlegen, in denen die Bodenoberfläche unberührt bleiben sollte oder Baustellen nur einen kleinen Raum einnehmen können. Dadurch werden Eingriffe in Natur und Landschaft geringgehalten sowie Kosten durch entfallende Baustellenstrecken eingespart.
Das Bundesförderprogramm Breitband des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unterstützt das Ausbauvorhaben, um 19.861 Haushalte und 38 Schulen an Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s sowie 471 Unternehmen an Datenübertragungsraten von 1 Gbit/s und höher zu bringen. Für den Breitbandausbau im Rahmen eines Wirtschaftlichkeitslückenmodells erhält der Landkreis Harz dafür Bundesfördermittel in Höhe von 3.148.261 Euro sowie 3.935.326 Euro Landesfördermittel. Hinzu kommen 787.065 Euro Eigenmittel. Für den Glasfaser-Ausbau werden Gräben mit einer Gesamtlänge von 431 Kilometer ausgehoben und 287 Kilometer Leerrohre verlegt.
Digitale Agenda
Doch mit Glasfaser gibt sich Quedlinburg nicht zufrieden: Mit Hilfe des Landes Sachsen-Anhalt wurde die Digitale Agenda auch um den Bereich des freien WLANs erweitert. Die UNESCO-Welterbestadt Quedlinburg profitiert dadurch ein Stück mehr vom „Freifunk-Enthusiasmus“ und übernimmt eine Vorreiterrolle im Harz. Seit letztem Jahr gibt es nun mehr als 400 freie Zugangspunkte in Quedlinburg. Die Hardware wird über die Förderung der Digitalen Agenda des Landes Sachsen-Anhalts bereitgestellt.
„Der Wandel liegt den Sachsen-Anhaltern im Blut“, erklärte Wirtschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann im März vergangenen Jahres bei der öffentlichen Vorstellung der „Digitalen Agenda“ in Magdeburg: „Ob Reformation, Bauhaus oder zuletzt die wirtschaftlichen Erfolge nach der Wende – modern zu denken und Zukunft zu wagen, hat in unserer Region immer einen festen Platz gehabt. Daher werden wir in Sachsen-Anhalt auch den digitalen Wandel meistern. Den Fahrplan dafür haben wir Ende 2017 mit der ‚Digitalen Agenda‘ abgesteckt; jetzt geht es darum, diese Digital-Strategie mit Leben zu füllen.“
Sprechende Häuser
Vor allem der Tourismus profitiert vom flächendeckendes WLAN. In der mittelalterlichen UNESCO-Weltkulturerbe-Stadt – in der bis heute etwa 1.300 Fachwerkbauten erhalten geblieben sind – kam der Landtagsabgeordnete Ulrich Thomas auf die Idee, Häuser zum Sprechen zu bringen.
Das passiert mittels eines QR-Codes. Der ist auf kleinen gelben Plastikschildern in Häuschen-Form an den Hauswänden angebracht. Scannt den ein Passant mit seinem Smartphone, kann er sich die 700jährige Geschichte des Hauses anhören – erzählt vom heutigen Besitzer. Kirchen, Apotheken, Gasthöfe, kleine Läden machen bei der Quedlinburger Privatinitiative „Stadt der sprechenden Häuser“ mit und geben ihre teils mühsam recherchierten Hausgeschichten zum Besten.
Spätestens, wenn die Quedlinburger auf Glasfaser surfen, wird ihnen wieder etwas Neues einfallen. Der Wandel liegt ihnen schließlich im Blut.
Sachsen-Anhalt fördert Digitalisierung
Seit November 2018 stehen in Sachsen-Anhalt weitere 14 Millionen Euro zusätzlich für die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zur Verfügung. Das Förderprogramm „Sachsen-Anhalt DIGITAL“ wird dafür mit Unterstützung von EU-Mitteln neu aufgelegt. Es besteht aus zwei Bausteinen: der erweiterten Richtlinie „Digital Creativity“ und der völlig neuen Richtlinie „Digital Innovation“. Mit „Digital Creativity“ werden KMU bei der Entwicklung interaktiver Inhalte und innovativer audiovisueller Medienproduktionen wie Apps, Websites oder crossmediale Projekte unterstützt. „Digital Innovation“ nimmt die digitalen Prozesse in Unternehmen in den Fokus. Unterstützt werden insbesondere die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle sowie die Digitalisierung von Produkten, Produktionsprozessen und Geschäftsabläufen.