Es ist eine der noch ausstehenden Entscheidungen beim Glasfaserausbau, an der sich die Geister scheiden. Soll der Staat Open Access anordnen oder eine Zuspitzung von Wettbewerb bei der Infrastruktur zulassen?

Beim Glasfaserausbau gibt es zahlreiche konkurrierende Unternehmen. Es ist erfreulich, dass der Ausbau an Fahrt gewinnt, doch zeigen sich teilweise absurde Situationen, wenn bereits bestehende Glasfasernetze mit der gleichen Technologie überbaut werden, während anderswo noch nicht einmal Bandbreiten von 30 oder 100 Mbit/s erreicht werden. Zudem wird jedes Mal aufs Neue die Straße aufgerissen, um erneut ein Kabel zu verlegen, wo schon Glasfaser liegt. Gegensteuern kann die sog. Open-Access-Regel, die bei gefördertem Ausbau bereits seit Beginn des Bundesförderprogramms Breitband (Weiße-Flecken-Programm) verpflichtend ist.

Open Access bedeutet vereinfacht gesagt: Infrastrukturanbieter, die ein Glasfasernetz besitzen, bieten allen anderen Anbietern Zugang zu ihrem Netz – diskriminierungsfrei und zu marktverhandelten Konditionen. Grundsätzlich ist dabei zwischen physisch entbündeltem und virtuell entbündeltem Zugang zu unterscheiden. So sollen nicht nur Monopole verhindert, sondern auch Überbau vermieden werden. Durch den Wettbewerb bekommt der Nutzer mehr Auswahl an Produkten unterschiedlicher Anbieter, was meistens auch zu günstigeren Preisen führt.

Da bisher sowohl die genauen technischen Bestimmungen zum Neuzugang, als auch die preislichen Konditionen nicht abschließend definiert sind, gibt es einige Stimmen, die nach einem regulatorischen Eingreifen des Staates rufen. Andere wiederum sprechen davon, dass es die unternehmerische Freiheit der Unternehmen ist, die es zu schützen gilt.

Weitere Schritte für 2023 angekündigt

Es ist wichtig, dass die Motivation aller Beteiligten beim Glasfaserausbau hoch bleibt. Denn diese Technologie bietet das Rückgrat der digitalen Infrastruktur in Deutschland. Das Ziel der Bundesregierung wurde in der Digitalstrategie formuliert und lautet, bis 2025 insgesamt 50 Prozent der Haushalte und Unternehmen in Deutschland mit Glasfaseranschlüssen an das Internet zu bringen. Bis 2030 soll es dann sogar eine flächendeckende Versorgung mit Glasfaseranschlüssen bis ins Haus geben. Aktuell investieren viele Anbieter in den Ausbau mit dem Wissen, dass langfristig diese Infrastruktur lukrativ sein bzw. bleiben wird. Das will die Bundesregierung natürlich nicht ausbremsen. Doch ein Überbau ist ökonomisch nicht sinnvoll. So könnten Dauerbaustellen entstehen und die Belastung für Bürger:innen hoch werden. Zudem werden die ohnehin schon knappen Ressourcen in Überbau gesteckt, während diese in unterversorgten Gebieten viel dringender benötigt werden würden.  

Das kann Open Access verhindern und wird daher heiß diskutiert in der Branche. In der Gigabitstrategie ist das Open-Access-Prinzip als Zielvorgabe formuliert, aber noch gibt es keine regulatorischen Rahmen. Bisher bekennen sich die Marktakteure zwar zu dem Grundsatz, doch nicht alle halten sich dann auch konsequent daran. Teilweise werden die Bitstreamzugänge nur sehr teuer angeboten, so dass sich dann der eigene Ausbau für Drittanbieter wieder lohnt. Die Bundesnetzagentur und das BMDV bringen das Thema weiter voran und motivieren die Branche, gemeinsam Lösungsansätze zu finden. Dafür erstellt das Gigabitforum aktuell eine Bestandsaufnahme von Open Access im Markt und diskutiert mögliche vertragliche Elemente. Das Gigabitforum ist eine von der BNetzA gegründete Plattform, auf der sich die Marktakteure und Verbände in regelmäßigen Abständen treffen und sich über gemeinsame Prinzipien, Positionen und Standards verständigen. Vorgesehen ist die Veröffentlichung des Statusberichts für das 2. Quartal 2023.

Außerdem kann Open Access nur ermöglicht werden, wenn es gemeinsame Standards und definierte Schnittstellen gibt. Auch der Ein- bzw. Verkauf von Vorleistungsprodukten muss dann geregelt werden. Daher gibt es im Gigabitforum den Arbeitskreis Schnittstellen & Prozesse. Hier wird die zukünftige Schnittstellen-Architektur für die Glasfaserwelt entwickelt. Erste Spezifikationen sollen schon im 1. Quartal 2023 veröffentlicht werden.

Für und wieder

Oft wird der Überbau kritisiert und das meist zu Recht. Dann kommen Argumente, wie es würde ja auch nicht wöchentlich ein neues Stromkabel oder eine Gasleitung verlegt. Doch grundsätzlich muss man wissen, Telekommunikationsstrukturen unterliegen in Deutschland einem Infrastrukturwettbewerb. Dadurch soll der Anreiz für den Ausbau erhöht werden. Allerdings ist es daher auch nicht verboten, eigene Netze zu verlegen, auch wenn bereits andere Netzinfrastrukturen vorhanden oder im Bau sind. Dafür sind die Marktakteure angehalten, ehrliche Ausbauankündigungen zu geben und im Interesse aller nach der Regel „Ausbau vor Überbau“ zu handeln. Es ist im Sinne der Bürger, erst einmal flächendeckend auszubauen bevor man konkurrierende Netze erstellt. Schließlich ist eine leistungsfähige Breitbandversorgung Grundlage für die digitale Teilhabe und Daseinsvorsorge. Was hier Abhilfe bringen könnte, sind verstärkte Anreize für Kooperationen. Damit dies gelingt, muss das Open-Access-Prinzip stärker verankert werden. Freiwillig gelingt dies bereits vermehrt durch Kooperationen so dass es zu diskutieren gilt, ob es einer expliziten Regulierung bedarf. Durch Open Access wird die Auslastung der Netze bewiesenermaßen erhöht und dadurch die Investition schneller amortisiert.

Um die Diskussion zumindest in den geförderten Breitbandgebieten transparent zu regeln, gibt es aktuell einen Entwurf der Bundesnetzagentur, um Grundsätze zu Art, Umfang und Bedingungen des offenen Netzzugangs in Fördergebieten zu klären. Das soll die Investitionssicherheit für ausbauende Telekommunikationsunternehmen gewähren und eben allen weiteren Interessenten trotzdem die Möglichkeiten eines klar geregelten Netzzugangs im geförderten Breitbandausbau aufzuzeigen. Alle interessierten Kreise können zu dem Entwurf noch bis zum 31. Januar 2023 schriftlich Stellung nehmen.

Weitere Infos zu Open Access und der Anwendung von Open Access Bedingungen im geförderten Ausbau finden Sie hier.