Knappe kommunale Haushalte und ein sich verstetigender Fachkräftemangel sind eine große Herausforderung für die Sicherstellung eines reibungslosen Ablaufs von Prozessen in der kommunalen Verwaltung. Daraus resultieren verlängerte Wartezeiten und komplexe Behördengänge für Bürger:innen und Unternehmen bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungsangeboten ihrer Kommune.
Zudem bearbeiten Kommunen viele inhaltsgleiche Dienstleistungen separat und halten dafür jeweils eigenes Personal, IT und Prozesse vor, obwohl die Aufgaben in der Sache häufig identisch sind. In Folge werden nicht nur parallele Strukturen geschaffen, zudem konkurrieren die Gebietskörperschaften untereinander auch um qualifiziertes Fachpersonal und Ressourcen. Die Belastung entsteht damit doppelt: im Alltag durch Rückstände und strategisch durch dauerhaft fragmentierte Zuständigkeiten.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat das Ministerium für Infrastruktur und Digitales in Sachsen-Anhalt bereits verschiedene Maßnahmen zur Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit und der Kooperation zwischen Land und Kommunen initiiert. Mit der Machbarkeitsstudie „Zentrale Service-Angebote (ZSA) für starke Kommunen“ wurden erstmals konkrete Aufgabenbereiche darauf hingehend untersucht, ob und in welchem Rahmen zentrale Serviceangebote in der kommunalen Verwaltung umgesetzt werden können. Die Ergebnisse der Pilotierung wurden Ende November vom Ministerium für Infrastruktur und Digitales der Öffentlichkeit vorgestellt. Für aconium ist diese Fragestellung zentral, weil sie den Kern moderner Verwaltungsdigitalisierung berührt: Standardisierung, klare Prozessverantwortung und die Fähigkeit, Leistungen verlässlich in skalierbaren Strukturen zu organisieren.
Unter Mitwirkung von 25 Kommunen, den kommunalen Spitzenverbänden in Sachsen-Anhalt sowie vier Ressorts der Landesregierung wurde die Machbarkeitsstudie durchgeführt. In der Pilotierung wurden die zwei Verwaltungsleistungen „Wohngeld“ und „Hundehaltung“ realitätsnah simuliert. Weitere 15 Leistungen wurden zudem darauf hingehend überprüft, ob sich diese grundsätzlich für eine Bearbeitung in einem zentralen Service-Angebot eignen.
Als zentrales Ergebnis der Studie zeigte sich eine deutlich schnellere Fallbearbeitung bei den beiden kommunalen Leistungsfeldern „Wohngeld“ und „Hundehaltung“. Im Durchschnitt konnten diese Aufgaben rund 39 Prozent schneller über die zentrale Dienstleistungserbringung erfolgen als zuvor in der Zuständigkeit einzelner Kommunen. Die erzielten Verbesserungen basierten dabei auf mehreren Faktoren: einem optimierten Prozess, einer klaren Spezialisierung auf standardisierte Aufgaben, sowie einer teilweisen Simulation verbesserter Informationstechnik und Schnittstellen. Weiterhin zeigte die Analyse auf, dass sich elf der fünfzehn zusätzlich untersuchten Prozesse für eine Umsetzung in zentralen Service-Angeboten eignen. Dazu gehören unter anderem die Leistungen Elterngeld, Ummeldung, Grundsteuer, Kraftfahrzeugzulassung, Wahlschein und Briefwahl sowie elektronische Zahlverfahren. Die Ergebnisse sind damit weniger eine Momentaufnahme, sondern ein Hinweis darauf, wo Standardisierung realistisch ist und wo rechtliche, organisatorische oder technische Voraussetzungen zuerst geschaffen werden müssen.
Aufbauend auf den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie beabsichtigt das Land Sachsen-Anhalt nun die Einführung eines ersten zentralen Service-Angebots ab dem kommenden Jahr 2026. Mit einem schrittweisen Aufbau, beginnend mit den pilotierten Leistungen „Hundehaltung“ und „Wohngeld“, sollen die Erfahrungen aus der Erprobung in die Praxis einfließen und den Weg zur Bereitstellung weiterer zentraler Dienstleistungen ebnen. Entscheidend wird sein, dass die Governance tragfähig ist: klare Rollen zwischen Land und Kommunen, verbindliche Qualitätsstandards und ein Betriebskonzept, das auch bei steigenden Fallzahlen stabil bleibt.
Weitere Informationen zum Projekt sowie die Machbarkeitsstudie sind auf den Internetseiten des Onlinezugangsgesetz (OZG) in Sachsen-Anhalt abrufbar.