Michael Schwemmle (Soziologe) bei seinem Vortrag. © aconium GmbH

Wie verändert sich Arbeit durch den digitalen Wandel? Was bedeutet die Entwicklung für die Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt? Diesen Fragen ging eine Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung am 10. Dezember in Berlin nach.

Technologisch induzierte Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind nichts Neues. Der Flaschenzug revolutionierte das Bauwesen, die Dampfmaschine läutete das Industriezeitalter ein, das Fließband ermöglichte Massenproduktion. Jede dieser und viele weitere Innovation führten zu tiefgreifenden Veränderungen am Arbeitsmarkt, bei Berufsbildern und Arbeitsbedingungen.

Auch die Digitalisierung transformiert den Arbeitsmarkt. Sie schafft neue Möglichkeiten, beispielsweise flexiblere, orts- und zeitunabhängige Arbeitsformen. Sie bringt aber auch Herausforderungen mit sich, etwa wenn es um die Kräfteverhältnisse und Abhängigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern geht.

Wie verändert sich Arbeit?

Digitale Transformation der Arbeit bedeutet einmal „Veränderungen im Raum-Zeit-Gefüge“ und zum Zweiten „Veränderungen im Machtgefüge der Erwerbssphäre“, sagte der Soziologe Michael Schwemmle in diesem Zusammenhang. Gemeinsam mit Prof. Peter Wedde stellte er im Rahmen der Veranstaltung Ergebnisse der Studie Alles unter Kontrolle? Arbeitspolitik und Arbeitsrecht in digitalen Zeiten vor, die sich kritisch mit den Folgen der Digitalisierung für die Arbeit auseinandersetzt und drei regressive Tendenzen identifiziert. Danach hat die digitale Transformation das Potenzial „entsichernd, entkollektivierend und entmächtigend“ auf die Arbeitnehmer zu wirken. Arbeitsrechtliche Ankerpunkte geraten unter Druck. Belastungen werden durch die eingeforderte Flexibilität größer und verfestigen. Dagegen sind die positiven Seiten der Digitalisierung des Arbeitsmarktes (Home Office, Telearbeit) bisher noch nicht flächendeckend umgesetzt. Letztlich, so die Befürchtung, könnte sich das Machtgefüge auf dem Arbeitsmarkt in Richtung der Arbeitgeber verschieben.

Lösungsansätze

In der Diskussion mit Vertretern aus Politik und Verbänden ging es um Lösungsansätze für diese disruptiven Potenziale. Ergebnis: Die Frage, wie Digitalisierung nützliche eingesetzt werden kann, ist für den Arbeitsmarkt noch nicht abschließend beantwortet. Zwar sind neue Arbeitsformen und Entlastungen von Arbeitnehmern seit langem angezeigt. Genauso entstehen jedoch prekäre Arbeitsverhältnisse und es kommt zu einer räumlichen Zersplitterung von Arbeit, die dann auch den Organisationsgrad von Gewerkschaften schwächt. Lösungen dafür sind vor allem beim Thema Aus- und Weiterbildung zu suchen. Qualifikation und Ermöglichung sind entscheidend dafür, die Digitalisierung als nützlichen Fortschritt zu verfestigen. Vertreter aus dem Publikum forderten dazu ein „Recht auf Weiterbildung“. Andere wiesen darauf hin, auch die Arbeitnehmer in die Pflicht zu nehmen. Intrinsische Motivation für das Wahrnehmen von Weiterbildungsangeboten sei ebenso wichtig, wie die Schaffung dieser Angebote selbst.

Fazit

Digitalisierung kann, wie jeder Fortschritt, hilfreich für alle sein. Derzeit ist sie dies noch nicht in jedem Fall. Um Ängste abzubauen und die Chancen zu nutzen, ist es entscheidend, die positiven Seiten der digitalen Transformation zu betonen und die Vision einer digitalen Gesellschaft zu entwickeln, in der Arbeit mit Hilfe der digitalen Transformation angenehmer für alle wird.

Die positive Gestaltung und Nutzung der Digitalisierung führt nicht nur zu Effizienzsteigerungen, sondern verbessert auch die Qualität der Arbeit und damit die Lebensqualität deutlich.

Prof. Dr. Peter Wedde (Frankfurt University of Applied Science), Gabriele Katzmarek (MdB), Vera Linß (Moderatorin), Oliver Suchy (Leiter der Abteilung Digitale Arbeitswelten und Arbeitsberichterstattung beim DGB), Christoph Busch (Referent Arbeit und Innovation beim Bitkom) diskutieren. Klassenkonflikt 4.0: Brauchen wir ein Update underer Arbeitnehmer_innenrechte? Friedrich-Ebert-Stiftung Berlin, 10.12.2018. © aconium GmbH