Der Landkreis Rottweil liegt in der Schwarzwaldregion im südwestlichen Baden-Württemberg. Er ist mit 179 Einwohnern je Quadratkilometer relativ dünn besiedelt – im Vergleich dazu: Das Land Baden-Württemberg kommt auf 305 Einwohner je Quadratkilometer. Dennoch ist der Landkreis eine der wirtschaftlich stärksten Regionen Deutschlands mit zahlreichen Weltmarktführern und Hidden Champions, die Magnetsysteme, Maschinen, Drehteile oder Kugellager produzieren. Der Landkreis zeichnet sich durch eine hohe mittelständisch geprägte Industriedichte aus. Es dominieren Elektrotechnik und Metallindustrie. Die Industriequote, das heißt der Wertschöpfungsanteil des verarbeitenden Gewerbes, liegt bei 47 Prozent und ist damit führend, nicht nur unter den Regionen in Baden-Württemberg, sondern europaweit – die Industriequote in Baden-Württemberg liegt bei 35,8 Prozent, in Deutschland bei 26 Prozent, in Europa bei 20 Prozent. Aber auch der Dienstleistungssektor, der aktuell 40 Prozent der Arbeitsplätze stellt, entwickelt sich positiv.

„Mit einer optimalen Breitbandversorgung soll diese gute Ausgangsposition beibehalten und ausgebaut werden, nicht nur mit Blick auf die weltweit agierenden Unternehmen; auch kleine und mittlere Firmen und Handwerksbetriebe sollen konkurrenzfähig bleiben und neue Märkte erschließen können“, so Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel.

Schon bald wird die Region als einer der ersten Landkreise in Baden-Württemberg flächendeckend mit schnellem Internet versorgt sein. Bereits im Dezember 2015 hatte der Kreistag des Landkreises Rottweil den flächendeckenden Breitbandausbau im Rahmen des Wirtschaftlichkeitslückenmodells einstimmig beschlossen. In der Folge konnte das Projekt mit Unterstützung durch das Bundesförderprogramm Breitband voranschreiten. Landrat Dr. Michel betont: „Der Landkreis Rottweil war bundesweit einer der ersten Landkreise, der im Herbst 2016 die neue Förderung des Bundes aufgegriffen hat. Insoweit waren wir auch ‚Frontrunner‘, um in enger Abstimmung mit dem Telekommunikationsunternehmen und der aconium GmbH den Feinschliff für eine praxisgerechte Ausgestaltung der Förderrichtlinie zu unterstützen.“

Der Ausbau im Landkreis erfolgt in insgesamt acht Bauabschnitten. Das Land Baden-Württemberg steuerte rund 2,37 Millionen Euro bei. Aus dem Bundesförderprogramm für den Breitbandausbau des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) wird der Ausbau mit 5,92 Millionen Euro gefördert. Damit wurden über 200 Kilometer Glasfaserkabel verlegt und mehr als 400 neue Verteilerkästen installiert.

Die Arbeiten begannen im April 2016 und sind mittlerweile in sieben der acht Ausbauabschnitte abgeschlossen. Ein Großteil des Ausbaugebietes liegt im Schwarzwald. Die Mittelgebirgslandschaft mit großen Waldbeständen, erheblichen Höhenunterschieden und teilweise steinigen Böden erschwert die Glasfaserverlegung. In sensiblen Bereichen – in Naturschutzgebieten, in Gebieten nach der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (FFH) und entlang von Baumalleen – wird das Spülbohrverfahren eingesetzt. Damit werden Eingriffe in Natur und Landschaft minimiert. Insgesamt werden im Landkreis Rottweil etwa 40 Prozent der Streckenlängen mit innovativen Verlegemethoden realisiert werden. Die von Kommunen und Telekommunikationsanbietern zur Verfügung gestellten 140 Kilometer Leerrohrinfrastruktur erleichtern den Ausbau, da in diesen Bereichen auf Tiefbauarbeiten verzichtet werden kann.

Im Rahmen der Maßnahme erhalten insgesamt 64.000 Haushalte und Unternehmen Zugang zu schnellem Internet. Mehr als 95 Prozent der Haushalte des Landkreises werden nach Abschluss auf Bandbreiten von mindestens 30 MBit/s, über 86 Prozent der Haushalte auf Bandbreiten von mehr als 50 MBit/s und mehr als 75 Prozent der Haushalte auf Bandbreiten von bis zu 100 MBit/s zurückgreifen können.

„Weitere zentrale Zielsetzung des Projektes ist, die Glasfaser an bzw. in die Gewerbegebiete zu führen, damit die einzelnen Unternehmen, je nach individuellem Bedarf über den FTTC-Ausbau (Fibre To The Curb) eine erhebliche Verbesserung erfahren beziehungsweise nur noch über kurze Strecken ein eigener FTTB-Anschluss (Fibre To The Building) nötig wird“, erklärt Hans Klaiber, Breitbandkoordinator im Landratsamt Rottweil.

Ein Unternehmen, das bereits heute vom Ausbau profitiert, ist die Häberlin GmbH. Das mittelständische Handelsunternehmen für Maschinen und Werkzeuge ist im Gewerbegebiet Ziegelhütte in Vöhringen beheimatet. Die Nähe zur A 81 macht dieses Gewerbegebiet logistisch attraktiv. Mit dem schnellen Internetzugang kommt nun ein weiterer Pluspunkt für den Standort hinzu. Seit dem Ausbau der digitalen Infrastruktur kann Häberlin auf Geschwindigkeiten von 47 MBit/s zurückgreifen – vorher war das Limit 2 MBit/s.

Für Geschäftsführer Günter Häberlin war der neue Netzanschluss „ein lang ersehnter, wichtiger Schritt. Er erklärt warum: „Die Leistungsfähigkeit unseres Anschlusses ist für uns extrem wichtig: Als Handelsunternehmen im ländlichen Raum sind Kundenreichweite und –frequenz begrenzt. Dies können wir nun durch unseren Online-Shop und die Nutzung von Internet-Plattformen kompensieren. Die Anbindung ermöglicht es uns, unseren Shop mit Bild- und Filmmaterial auszustatten sowie Pläne und Bilder in einer akzeptablen Übertragungszeit mit unseren Kunden und Lieferanten per Mail auszutauschen. Zwischenzeitlich haben wir neue Mitarbeiter eingestellt, die parallel auf verschiedenen Plattformen online arbeiten. Das wäre mit der bisherigen Verbindung nicht möglich gewesen! Auch unsere internen Prozesse wie Bestellungen und Abrechnungen konnten wir wesentlich schlanker und schneller machen: Unser ERP System ist an vielen Stellen vernetzt. Dadurch können wir den gesamten Lieferprozess besser und effizienter kontrollieren.“

Aber nicht nur die Wirtschaft des Landkreises soll von einer modernen digitalen Infrastruktur profitieren. Um als Region zukunftsfähig zu sein, müssen auch die Bildungseinrichtungen optimal versorgt werden, denn für die Bildung und Ausbildung heranwachsender Generationen ist der Zugang zu schnellem Internet essenziell. In Kooperation mit den Schulträgern strebt der Landkreis Rottweil deshalb an, alle Schulen direkt (FTTB) mit Glasfaser zu erschließen. Die im Juli 2017 durch das BMVI veröffentlichte Definition der Aufgreifschwelle im Falle von Schulen im Leitfaden zur Umsetzung der Richtlinie „Förderung zur Unterstützung des Breitbandausbaus in der Bundesrepublik Deutschland“ hat dafür die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen. Die dafür erforderlichen Baumaßnahmen sollen noch in diesem Jahr beginnen.

Der Landkreis Rottweil wird den Ausbau digitaler Infrastruktur weiter vorantreiben. Dabei wird angestrebt, jeden Winkel der Region mit Glasfaser zu versorgen. Mit dem flächendeckenden Ausbau wird eine leistungsfähige Glasfaserinfrastruktur insbesondere in den ländlichen Gebieten des Landkreises realisiert, die auch für die Einspeisung mobiler Daten geeignet ist. Dadurch lassen sich in Zukunft Projekte der Verkehrsinfrastruktur und intelligenten Mobilität kostengünstig anbinden.

Landrat Dr. Michel bringt die Bedeutung des Ausbaus für den ländlichen Raum auf den Punkt „Schnelles Netz ist die Infrastruktur der Zukunft und Voraussetzung für digitale Technologien, die insbesondere in ländliche Regionen zu einer besseren Vernetzung und für mehr Teilhabe und Wertschöpfung in allen Lebens- und Arbeitsbereichen – zum Beispiel bei der Bildung, im Gesundheitssektor, bei Dienstleistungen oder in der Landwirtschaft – sorgen. Es gibt vielversprechende Möglichkeiten für „Smart Country“. Für dieses enorme Potenzial schaffen wir mit unserem Projekt essenzielle Voraussetzungen.“


Foto oben: Blick auf die Schwarzwald-Region
Fotocredit: Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg
Fotos unten: Die Häberlin GmbH in Vöhringen im Landkreis Rottweil profitiert vom Breitbandausbau
Fotocredit: Häberlin GmbH