© Desiree Schneider.

Die Digitalisierung vernetzt nicht nur Menschen und Unternehmen, sondern auch das eigene Zuhause: Smart Home-Lösungen in den eigenen vier Wänden fangen bei App-gesteuerter Hausbeleuchtung an und hören bei vernetzten und intelligenten Alarmanlagen noch lange nicht auf. Die Möglichkeiten, seine Wohnung oder das eigene Haus smart zu warten, zu sichern und zu verwalten sind vielfältig – und nehmen immer weiter zu. Desiree Schneider, Pressesprecherin beim SmartHome Initiative Deutschland e.V., gibt im Interview mit der aconium GmbH einen Einblick in die aktuellen und kommenden Einsatzgebiete von Smart Home-Anwendungen.

aconium: Wie smart sind Deutschlands Haushalte bereits?
Desiree Schneider: Deutschland ist schon sehr lange smart – klassische Hausautomation gibt es schon seit über 20 Jahren, als man den Begriff Smart Home noch gar nicht kannte. Zum jetzigen Stand können wir sagen, dass die Nachfrage enorm gestiegen ist. Einen Unterschied gibt es natürlich zwischen Bestand und Neubau. Viele Fertighausanbieter bieten ihren Kunden die Möglichkeit, die Häuser gleich von Beginn an mit den notwendigen technischen Voraussetzungen auszustatten (Elektrotechnik, Verkabelung etc.), sodass die Bewohner perspektivisch in einem smarten Zuhause mit einer Vielzahl von Funktionen wohnen können. Beim privaten Neubau kommt es darauf an, ob a) Bedarf beim Kunden besteht und b) die Beteiligten wie zum Beispiel Architekt und Handwerker Smart Home anbieten, empfehlen und umsetzen. Aus Erfahrung wissen wir, dass viele sich smarte Funktionen in ihrem Zuhause durchaus vorstellen können und wünschen, jedoch nicht so recht wissen, an wen sie sich wenden sollen.
Smart Home-Lösungen in Form von Internet-of-Things-Geräten – meist funkbasiert und ohne Umbau möglich – und einzelne smarte Gadgets werden meist für Bestandsbau und Mietwohnungen verwendet. Das sind die häufigsten Einsteigerprodukte. Aufgrund der attraktiv gewordenen Preise ist die Hemmschwelle für die Entscheidung pro Smart Home-Lösung in den letzten zwei Jahren auch stark gesunken.

aconium: Welche smarten Anwendungen werden in Zukunft in unsere Häuser und Wohnungen einziehen?
Schneider: Es ist vor allem zu erwarten, dass das Thema Sprachsteuerung für Smart Home-Anwendungen in Zukunft an Bedeutung gewinnt. Das Aussprechen von Befehlen ist die intuitivste Art für uns Menschen, etwas zu steuern. Wenn die Sprachsteuerung technisch gut umgesetzt ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie zur vorrangigen Methode der Steuerung von Smart Home-Lösungen werden wird. Es ist jedoch zu bedenken, dass man auch Besuch haben kann, der die Sprachbefehle in den fremden vier Wänden nicht kennt. Der Lichtschalter bleibt deshalb noch lange unverzichtbar.

aconium: Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Einführung von Smart Home-Lösungen in Deutschland?
Schneider: Da gibt es drei zentrale Themen: Erstens berichten Medien häufig reißerisch und nicht hinreichend informiert über den Aspekt der Sicherheit von Smart Home-Anwendungen und schüren Ängste bei den Anwendern, die nicht begründet sind.
Zweitens wissen die Endkunden meist nicht, an wen sie sich wenden sollen, wenn sie sich ein smartes Zuhause wünschen. Es gibt mittlerweile viele Beratungsbüros, Fachplaner und spezialisierte Handwerksbetriebe, die das Thema durchaus auf dem Plan haben. Es ist aber oftmals noch schwierig, sie zu finden. Das liegt auch daran, dass dem Verbraucher meist unklar ist, wo sie diese Kompetenz finden können. Ist es der Elektrohandwerksbetrieb? Oder ist es ein Büro für Fachplanung? Hier sehen wir auch unsere Aufgabe, die Menschen noch deutlich besser zu informieren.
Und drittens haben wir festgestellt, dass die Werbung vor allem für für Do-it-yourself-Produkte (DIY) zum Teil zu verzerrten beziehungsweise unrealistischen Erwartungen beim Endkunden geführt hat. Ein Beispiel: Zwar lässt sich über einen Sprachassistenten wie Alexa und ihre Schwestern grundsätzlich auch der Gartensprenger steuern, aber wenn dem Endanwender nicht klar ist, dass zusätzlich zur Sprachsteuerungslösung auch ein Smart Home-fähiger Gartensprenger gekauft werden muss, ist Frustration vorprogrammiert. Gleichzeitig birgt auch das Selbstprogrammieren und Einrichten ein gewisses Frustpotential, vor allem, sobald mehr als eine smarte Komponente implementiert werden soll. Allerdings ist das Marketing im vergangenen Jahr deutlich vorsichtiger geworden. Und gleichzeitig werden DIY-Produkte immer anwendungsfreundlicher.

aconium: Wie können diese Herausforderungen überwunden werden?
Schneider: Das Feld der Fachhandwerksbetriebe, die Smart Home in ihr Portfolio aufnehmen, sollte noch wachsen. Wir als Verband zertifizieren Betriebe zu „Fachbetrieben für vernetzte Gebäude“ und zeigen den Verbrauchern, wo sie kompetente Ansprechpartner für Beratung und Umsetzung finden können.
Zudem muss zukünftig noch klarer kommuniziert werden, dass Smart Home keine technische Spielerei ist, sondern enorme Vorteile mit sich bringt. Generell muss neutraler und ausführlicher über Smart Home-Konzepte und deren breitgefächerte Anwendungsmöglichkeiten informiert werden. Auch zum Thema Sicherheit muss noch einiges an Aufklärungsarbeit geleistet werden.

aconium: Welchen Wunsch haben Sie für die zukünftige Entwicklung von Smart Home?
Schneider: Natürlich wünschen wir uns, dass Smart Home zum Standard für zeitgemäßes Wohnen wird – bietet es doch eine ganze Reihe von Vorteilen: Smart Home Produkte erhöhen die Sicherheit eines Zuhauses (Einbruchprävention, Zugangssteuerung etc.). Die Assistenzsysteme können dafür sorgen, dass ältere oder kranke Menschen länger selbstbestimmt im eigenen Zuhause leben können. Außerdem kann Smart Home zum Beispiel den Heizenergieverbrauch signifikant senken. Wir wünschen uns, dass dieses Denken im Bewusstsein der Menschen ankommt und noch mehr Fachbetriebe dies auch entsprechend anbieten und umsetzen.