Auf den BREKO fiberdays treffen sich alljährlich Telekommunikationsunternehmen, internationale Aussteller der Glasfaserindustrie, Verwaltung und Fachexpert:innen, um sich über die aktuellsten Entwicklungen und Trends der Branche auszutauschen. Auch im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) ist sie längst kein Randphänomen mehr, sondern ein zentraler Innovationstreiber. Die Potenziale und Chancen dieser Technologie für Wirtschaft und Verwaltung werden immer deutlicher. Das von aconium initiierte KI-Forum ergänzte das Seminar- und Kongressprogramm der fiberdays und stellte konkrete, praxisnahe Anwendungsfälle sowie aktuelle Entwicklungen rund um den Einsatz von KI im Infrastrukturbereich in den Mittelpunkt.
Die Teilnehmer:innen erhielten an zwei Tagen exklusive Einblicke in KI-Anwendungsfälle der Branche und konnten direkt mit führenden Fachleuten über innovative KI-Lösungen ins Gespräch kommen. Unter dem Motto „Von der Vision zur Umsetzung“ zeigten die Vortragenden auf, wo KI schon heute konkrete Wirkung entfaltet – beispielsweise in der Verwaltung, im Netzausbau oder im Kundenservice – und wo noch Grenzen und Herausforderungen bestehen.
Künstliche Intelligenz in den Verwaltungen von Städten und Kommunen
„KI ist keine Zauberei und kein Selbstläufer“ – mit diesen Worten verdeutlichte Alexander Handschuh (Sprecher DStGB – Deutscher Städte- und Gemeindebund) gleich zu Beginn des Forums, dass Kommunen keine Berührungsängste mit der neuen Technologie haben sollten. Der DStGB setzt sich dafür ein, Sorgen und Hemmnissen (s. Zukunftsradar 2024 des DStGB) beispielsweise beim Datenschutz, rechtlichen und ethischen Fragen sowie der Akzeptanz der neuen Technologie mit konkreten Handlungsempfehlungen und einer besseren Vernetzung der Verwaltungen untereinander zu begegnen. Herr Handschuh ermutigte die Kommunen, sich in einem ersten gut geplanten Schritt auf schnell und einfach einzusetzende Lösungen zu fokussieren.
In seinem Vortrag stellte er verschiedene Anwendungsbeispiele vor, wie Chatbots für Verwaltungskund:innen (Frag den Michel, Hamburg), Ampelphasenassistenten (Signal2X, per App in Darmstadt), intelligente Straßenbeleuchtung (Wipperfürth) und die Unterstützung historischer Archive (Heilbronn, für Beschreibungen historischer Fotos; Transkribus Landesarchiv Sachsen-Anhalt). Unerlässlich sei hierbei eine Erhöhung der Datenkompetenz sowie der Datenqualität.
Bevor KI-Projekte implementiert werden können, braucht es konsequente Digitalisierung. Der Landkreis Cham dient als gelungenes Beispiel dafür, wie durchgängige digitale Prozesse den späteren KI-Einsatz erleichtern. Klaus Schedlbauer (Werkleiter Eigenbetrieb Digitale Infrastruktur im Landkreis Cham) gewährte in seinem Vortrag einen Einblick, wie Kommunen Digitalisierung vom Aufmaß bis zur Leitungsauskunft ganzheitlich umsetzen und so den infrastrukturausbau effizient planen und umsetzen können.
Speaker Hartmann Schleifer (carugia GmbH) zufolge ist KI ein effektiver Baustein in der Digitalisierung und konnte vor allem durch den niedrigschwelligen Zugang mit ChatGPT ihre vielseitigen Einsatzmöglichkeiten in der Breite aufzeigen. In seinem Vortrag „Von Glasfaser zu KI: Digitalisierung clever nutzen?“ betonte er das Potenzial der Digitalisierung für Wirtschaft und Verwaltung und stellte generative KI als leistungsstarkes Werkzeug vor. Mit diesen Tools können Kommunen niederschwellig Pilotprojekte starten, um etwa Datenschutzrisiken oder potenzielle Fehlinformationen (Halluzinationen) zu prüfen und zu minimieren. Die Anwendungsbereiche für Verwaltungen reichten von der reinen Texterstellung und Wissensdatenbanken über Analysen verschiedenster Datensätze bis hin zur Bürgerkommunikation. Unterstützen können dabei Open-Source-Modelle, lokale Ausführungen oder Schnittstellen (Open AI).
Voraussetzung für eine erfolgreiche Implementierung sei eine flächendeckende Glasfaserinfrastruktur sowie eine offene Haltung gegenüber neuen Technologien – auch in Form gezielter Weiterbildung der Mitarbeitenden.
Von der Verwaltung in die Netzebene: KI in der Infrastruktur
Eine KI-basierte Netzplanung kann dabei unterstützen, ganze Bundesländer beim Glasfaserinfrastrukturausbau effizient zu beplanen. Wilfried Konnemann (Senior Projektleiter aconium) betonte in seinem Vortrag „Automatisierte Netzplanung: Effiziente Algorithmen für die Glasfaser-Infrastruktur“, dass Datensätze für eine erfolgreiche Analyse optimal verzahnt sein müssen. Kommunen sollten in der Netzdetailplanung Synergien und vorhandene Strukturen nutzen sowie vorab eine detaillierte BoM (Bill of Materials) aufstellen, um kostengünstig zu arbeiten. In der automatisierten Netzplanung mit KI sieht Konnemann großes Potenzial für den zukünftigen Infrastrukturausbau, auch außerhalb des Glasfaserausbaus.
Für Marian Leifert (Gesbro) ist ein qualitativ hochwertiger Datensatz ebenfalls entscheidend. In seinem Vortrag „KI-basierte Datenauswertungen mit Bild- und LiDAR-Daten: Potenziale für kommunale Datenplattformen und Businessanwendungen“ zeigte er, wie Bild- und Laserscanning-Daten für präzise KI-Auswertungen genutzt werden. Diese Auswertungen bilden etwa die Grundlage für Baumaßnahmen und erfordern präzise Sensorik und fundierte Mitarbeiterschulungen. Auch KI-Systeme selbst benötigen kontinuierliches Training.
Auch nach der Planungsphase kann der konkrete Infrastrukturausbau von KI profitieren. Speaker Dirk Loop (aconium) stellte mit verspire ein Tool zur digitalen Baudokumentation vor, das Mitarbeiter:innen deutlich entlasten kann. Mithilfe von KI werden hier die Planung und Dokumentation des Baufortschritts im Glasfaserausbau optimiert. Zukünftig werden in das Tool weitere Rahmenbedingungen des Ausbaus integriert, etwa Oberflächenbeschaffenheit oder Wetterbedingungen, um den konkreten Baufortschritt besser einordnen zu können. Loop unterstrich jedoch, dass die menschliche Expertise zur Einschätzung insbesondere bei komplexen Entscheidungen noch unerlässlich bleibt.
Smarte Städte und Regionen werden mit KI noch effizienter
Künstliche Intelligenz hat für Städte und Kommunen großes Potenzial, um vorhandene Daten besser miteinander zu verknüpfen und Prozesse zu optimieren. Niklas Günther und Claire Piqueret Rose (beide aconium) sprachen in ihrem Vortrag „KI-Lösungen auf der Grundlage von Infrastruktur 4.0.: Innovative Lösungen in der kommunalen Praxis“ über die Bedeutung einer proaktiven kommunalen Praxis mithilfe der Digitalisierung und die Chancen von KI. Infrastruktur 4.0 ermögliche Kommunen unter anderem mehr Effizienz in der Bauplanung mithilfe von Simulationen, in der Instandhaltung durch intelligente Sensorik sowie in der Logistik mit 5G-Campusnetzen. KI ergänzt diese Systeme, indem sie Prozesse automatisiert, Prognosen erstellt und Daten visualisiert – z. B. zur Verkehrssteuerung, Energieplanung oder Wartung.
Zur besseren Implementierung empfahlen die Referenten unter anderem die Nutzung von Open Data Plattformen, konkrete Datenstrategien und interkommunale Zusammenarbeit.
Beim KI-Forum stellte Dipl.-Ing. Achim Przymusinski (Segmentleiter Digitalisation bei AVL Software) ein konkretes Anwendungsbeispiel aus dem Mobilitätskontext vor. In seinem Vortrag „Talk to your Data – Erfahrungswerte aus dem Regensburger Reallabor für Mobilität“ präsentierte er die „Environmental Sensor Box“, welche Daten für zukünftige adaptive Mobilitätskonzepte bereitstellen kann.
Im Projekt „R_Lab Mobilität“ werden mit den beteiligten Akteuren aus Wissenschaft und Industrie Smart-City-Anwendungen unter realen Bedingungen getestet. Die Umweltsensorboxen messen Daten wie Stickoxide in der Luft, die Feinstaubbelastung, Temperatur und Feuchtigkeit an verkehrsrelevanten Standorten und analysieren diese. Gemeinsam mit der GESBRO entwickelten sie dafür einen neuartigen energieautarken Sensor, der mit einem PV-Panel mit Energie versorgt wird. Mithilfe von KI werden je nach Anfrage die jeweils passenden Daten zur Verfügung gestellt, um schnell an die richtigen Informationen zu kommen.
Nicht nur der Infrastrukturbereich an Land kann von Künstlicher Intelligenz profitieren. Auch die See- und Hafenwirtschaft benötigt eine verlässliche und leistungsstarke Infrastruktur für eine zukunftsorientierte und dauerhaft wettbewerbsfähige Wirtschaft. Eike Gutt (stellvertr. Teamleiter Mobilfunk aconium) betreut das Projekt „5G-PortVG: 5G-Campusnetze in Wirtschaftshäfen“ und beleuchtete beim KI-Forum wie 5G-Campusnetze reibungslose Abläufe, smarte Vernetzung und Echtzeitdaten für die digitale Transformation ermöglichen. KI unterstützt dabei Informationen, beispielsweise für den Schiffsführenden, schneller bereitzustellen und Assistenzsysteme zu optimieren.
KI erhöht Produktivität in Telekommunikationsunternehmen
Welche Bedeutung KI für die Telekommunikationsbranche hat, beleuchtete David B. Hofmann (Geschäftsführer mm1 Consulting, jetzt valantic) in seinem Vortrag „Vom Hype zur Praxis: KI in der Telekommunikation mit echten Projekten und Showcases“. Mit generativer KI gehe vor allem ein Produktivitätsgewinn einher, indem beispielsweise Kundenservice, Vertrieb, Software Entwicklung oder die Netzwerkoptimierung und -planung verbessert werden können. Die Umsetzung konkreter Use Cases sei schnell zu erreichen. Was Zeit in Anspruch nehme, seien der technische Rahmen und die Schaffung von Datengrundlagen oder die Vorbereitung der Mitarbeiter:innen.
Wie Dr. Markus Eisel (Geschäftsführer Valantic Software & TechnologyInnovations GmbH) in seinem Vortrag deutlich machte, kann insbesondere der Bereich des Kundenservice vom Einsatz generativer KI profitieren, bestenfalls von der Kategorisierung hin zu echten, intelligenten und personalisierten Problemlösungen. Die Automatisierung im Kundenservice stelle einen der wichtigsten Use Cases für Telekommunikationsunternehmen dar. Mit einem Beispielanruf zeigte Eisel, wie KI sowohl dem Anrufenden als auch den Mitarbeiter:innen automatisch alle notwendigen Informationen in der geeigneten Ansprache zur Verfügung stellen kann, um das konkrete Problem effizient zu lösen.
Das KI-Forum von aconium bot dem Fachpublikum eine Plattform für Austausch, Inspiration und praktische Einblicke. Wir bedanken uns bei allen Beteiligten für ihre spannenden Beiträge und freuen uns schon jetzt auf die fiberdays im kommenden Jahr. Wir sind gespannt, welche Entwicklungen uns bis dahin erwarten.