© Florian Käselau. v.l.n.r.: Wouter Degadt (Intercommunale Leiedal, Leadpartner für CORA), Andreas Betz (Amtsdirektor Amt Hüttener Berge) und Peyman Khodabakhsh (Projektmanager bei der aconium GmbH) mit einem Touchscreen, der im Rahmen des CORA-Projekts für das Amt Hüttener Berge angeschafft wurde.

Seit 2018 ist das Amt Hüttener Berge in Schleswig-Holstein Teil des europäischen Projekts „CORA – COnnecting Remote Areas with digital infrastructure and services“, das im Rahmen des Interreg V B North Sea Region Programm von der Europäischen Union gefördert und von der aconium GmbH begleitet wird. Im Projekt tauschen sich 18 Partner aus sieben europäischen Ländern über die Digitalisierung ländlicher Regionen aus und bauen in ihren Kommunen digitale Infrastrukturen und Anwendungen auf. Mit CORA sammelt das Amt Hüttener Berge erste, wertvolle Erfahrungen in einem europäischen transnationalen Förderprojekt. Im Interview erzählt Andreas Betz, Amtsdirektor des Amts Hüttener Berge, welche Maßnahmen innerhalb des CORA-Projekts bereits umgesetzt wurden und warum eine internationale Vernetzung von Kommunen wichtig ist.

aconium: Welche Ziele verfolgt das Amt Hüttener Berge innerhalb des CORA-Projekts?
Andreas Betz: Unsere Ziele innerhalb des Projekts sind die Schaffung digitaler Infrastruktur in unserem Amt und die Kompetenzvermittlung: Die Bürgerinnen und Bürger des Amts Hüttener Berge sollen sich über alle gemeindlichen und touristischen Belange informieren und souverän mit digitalen Geräten und Anwendungen umgehen können. Damit trägt das CORA-Projekt zur Umsetzung unserer Digitalen Agenda bei.

aconium: Welche digitale Infrastruktur soll im Rahmen des CORA-Projekts errichtet werden?
Betz: Zum Beispiel stellen wir im Amt Hüttener Berge digitale Informationsterminals auf, die im Rahmen des CORA-Projekts finanziert werden. Diese Terminals zeigen Neuigkeiten und Veranstaltungshinweise für unsere Bürgerinnen und Bürger, aber auch für Touristen an. Dazu haben wir eine Datendrehscheibe programmieren lassen. Geben wir eine neue Nachricht oder einen Veranstaltungstipp ein, erscheint die Information automatisch auf unserer Website und auf den Terminals. Wir haben unsere 16 Gemeindevertretungen gefragt, an welchen Orten die Terminals stehen könnten. Gemeinsam haben wir fünf Standorte identifiziert und wollen die Terminals im kommenden September installieren.
Fünf sogenannte E-Screens sind bereits in Betrieb. Das sind 86 Zoll-große Touchscreens, die wie Tablets zu bedienen sind und das moderne Amt widerspiegeln sollen. Auf diese Weise können wir zum Beispiel eine Präsentation zeigen und mit einem passenden Stift weitere Informationen dazuschreiben. Diese interaktiven E-Screens wollen wir zur Kompetenzvermittlung einsetzen. Ein Bildschirm steht bereits in unserem Sitzungssaal, ein E-Screen ist in einer Schule installiert und drei Bildschirme stehen in unseren Dorfgemeinschaftshäusern. Die E-Screens werden bereits sehr gut angenommen. Jetzt gilt es, die effektivste Bedienbarkeit herauszufinden und sodann weiter zu vermitteln, so dass alle Sitzung der Gemeinden, Vereine und Verbände effektiv ablaufen können.

aconium: Wie sieht die CORA-geförderte Vermittlung digitaler Kompetenzen im Amt Hüttener Berge aus?
Betz: Gemeinsam mit dem Breitband-Kompetenzzentrum Schleswig-Holstein (BKZSH) haben wir ein Konzept für die Kompetenzvermittlung im Amt Hüttener Berge entworfen. Wir beginnen mit der Schulung älterer Menschen im Umgang mit Tablets und Smartphones. Dafür hat das Breitband-Kompetenzzentrum Geräte angeschafft, mit denen wir beispielsweise erklären, wie Skype funktioniert. Die Teilnehmer können aber auch ihre eigenen Geräte mitbringen und Fragen stellen.
Als nächstes soll die Kompetenzvermittlung in den vier Grundschulen eingeführt werden. Wir haben 80 Convertibles – Laptops, deren Tastatur sich abnehmen lässt und die so zu Tablets werden – angeschafft, die auf unsere fünf Grundschulen verteilt werden. Ab dem neuen Schuljahr können die Geräte eingesetzt und digitale Kompetenzen an Schüler und Lehrer vermittelt werden.

aconium: Wie bewerten Sie die Arbeit innerhalb des CORA-Projekts?
Betz: Es ist das erste Mal, dass wir vom Amt Hüttener Berge an einem Interreg-Projekt teilnehmen – und ich muss sagen, ich bin begeistert. Wir waren schon an mehreren kleinen Förderprojekten beteiligt, aber dieses Projekt fällt durch die strukturierte Arbeitsweise auf. Die Projektbegleitung durch die aconium GmbH ist beispielhaft: Während sich die aconium GmbH um das Projektmanagement kümmert, können wir uns voll auf die Umsetzung der Maßnahmen konzentrieren. Die Projektmanager der aconium GmbH stehen uns dabei jederzeit als Ratgeber zur Seite.
Gemeinsam mit der Gesamtprojektleitung zur Umsetzung von Hüttis Digitaler Agenda, der Höhn Consulting GmbH aus Kronshagen, sind wir hervorragend aufgestellt. Wir haben tolle Ergebnisse erzielt und sind dabei, unser Projektziel zu übertreffen.

aconium: Welche ersten Erkenntnisse hat Ihnen die Teilnahme am Projekt CORA bereits gebracht?
Betz: Das Interesse an digitalen Angeboten und der Bedarf an digitalen Geräten ist im Amt Hüttener Berge riesengroß! Wir binden die potenziellen Nutzer immer in die Entscheidungen mit ein: Die Projektmanager befragen Verwaltungsmitarbeiter, Schulverantwortliche sowie die Bürger und sammeln Ideen und Anregungen in verschiedenen Arbeitsgruppen. Dabei merken wir, dass neue Technologien sehr gern angenommen werden.
Eine weitere Erkenntnis: Wir sind auf einem guten Weg. Im Austausch mit den anderen beteiligten europäischen Ländern haben wir festgestellt, dass auch sie eine Digitale Agenda entwickelt haben und sich mit den gleichen Problemen wie wir beschäftigen. Wir haben unsere Digitalen Agenden gegenseitig ausgetauscht und ein paar hilfreiche Aspekte abgeschaut. Die Vernetzung und der Informationsaustausch sind sehr wertvoll, wie etwa bei unserem letzten Treffen im vergangenen Mai in Norwegen. Im November treffen wir uns erneut zu einem persönlichen Austausch unter den teilnehmenden Partnern – dieses Mal in Groningen in den Niederlanden.

aconium: Welche Tipps können Sie anderen Kommunen geben, die an einem internationalen Projekt teilnehmen und digitale Angebote für ihre Bürger einführen wollen?
Betz: Die Teilnahme an einem internationalen Projekt ist eine tolle Chance! Es ist wichtig, sich noch intensiver zu vernetzen. Im Moment muss jede Kommune das Rad neu erfinden. Dabei könnten wir viel mehr voneinander lernen und funktionierende Prozesse übernehmen – innerhalb Deutschlands, aber auch innerhalb Europas. Dann kommen wir alle schneller voran. Zunächst aber sollte jede Gemeinde eine Digitale Agenda entwickeln, Handlungsfelder herausarbeiten und die daraus erarbeiteten Maßnahmen für die nächsten fünf Jahre nach Priorisierung umsetzen. Die Digitalisierung funktioniert nur als Gesamtstrategie und muss Schritt für Schritt in einem andauernden Prozess umgesetzt werden.
Die bisherige Erfahrung hat gezeigt, dass es bisher richtig war, die Digitalisierung zur Chefsache zu erklären und die Bürgerinnen und Bürger (Bedarfsgerechtigkeit), die politischen Gremien und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stets mitzunehmen.

© Amt Hüttener Berge. Amtsdirektor Andreas Betz (l.) stellt Besuchern der Internationalen Grünen Woche 2019 das CORA-Projekt auf dem neu angeschafften Touchscreen vor.

Das CORA-Projekt

Das europäische Interreg-Projekt CORA fördert digitale Infrastrukturen und Dienstleistungen in ländlichen Gebieten. CORA unterstützt lokale Behörden in zehn Pilotregionen in Dänemark, Schweden, Norwegen, Großbritannien, Belgien, den Niederlanden und Deutschland bei der Identifizierung gemeinsamer Herausforderungen und ermutigt sie, Erfahrungen auszutauschen und innovative digitale Lösungen zu entwickeln. Die CORA-Partner entwickeln zudem ein Modell mit einem umfassenden Leitfaden zur Digitalisierung in ländlichen Gebieten. Die aconium ist im CORA-Projekt Projektentwickler, Projektpartner, Leiter des Arbeitspakets Kommunikation sowie als transnationaler Projekt-, Kommunikations- und Finanzmanager in Zusammenarbeit mit dem Leadpartner Intercommunale Leiedal aus Belgien tätig.