Nicht weniger als eine „Neugründung der Daseinsvorsorge“ forderte Dr. Jürgen Heyer, Präsident des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV) auf der DV-Jahrestagung am 6. Juni 2018 in Berlin. Für Verkehr, Gesundheitssystem, Bildungsstätten usw. müssten neue Konzepte entwickelt und neue Rechtsrahmen gesteckt werden. Denn obwohl die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse ein im Grundgesetz festgeschriebenes Ziel der Bundesrepublik ist, sind weite Teile Deutschlands nicht nur geografisch abgeschlagen. Ungefähr 20 Prozent der deutschen Bevölkerung seien in puncto Infrastruktur und öffentliche Dienstleistungen „unterversorgt“, so Heyer.
Digitalisierung und moderne Mobilität könnten insbesondere für dünn besiedelte, strukturschwache Gebiete die entscheidenden Instrumente bieten, die Daseinsvorsorge und den Alltag der Menschen trotz demographischen Wandels zu verbessern, unterstrich Ulrich Plate (aconium). In seiner Präsentation „Digitale Transformation in Stadt und Land braucht leistungsfähige Infrastrukturen und innovative Dienste“ zeichnete der Leiter des Teams Digitalisierung & Mobilität ein positives Bild für Kommunen. Diese könnten die Daseinsvorsorge ihrer Bürger künftig einfacher und bedarfsgerechter gestalten, wenn sie beim digitalen Wandel heute das Steuer selbst in die Hand nehmen: Automatisierte Rufbusse und Lieferdienste sichern auf dem Land die Mobilität und die Versorgung mit Dingen des alltäglichen Bedarfs, Drohnen bringen lebensnotwendige Medikamente zum Patienten, der sich bei kleineren Beschwerden dank Fernbehandlung nicht mehr unbedingt auf den langen Weg zum Arzt oder ins Krankenhaus begeben muss. Digitale Medien tragen auch in kleinen Gemeinden zum Bildungserfolg bei und in Entscheidungsprozesse der öffentlichen Verwaltung können die Bewohner mithilfe von E-Government-Diensten künftig sogar frühzeitiger und einfacher eingebunden werden als bisher. Die Bürger partizipieren ebenso am regionalen Energiekreislauf, mit zusätzlichen dezentralen Energiequellen und intelligenten Netzen.
All diese hilfreichen, 5G-gestützten Dienste benötigen aber vor allem eines: ein dichtes, leistungsstarkes Breitbandnetz. Der Markt wird es nicht in alle Kommunen tragen. Doch jede Kommune kann dank Förderprogrammen wie der Bundesförderung Breitband ihre digitale Zukunft selbst in die Hand nehmen.
Laut dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesinnenminister Marco Wanderwitz werden Kommunen ohne Digitalisierungsstrategie künftig überhaupt nicht überlebensfähig sein. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) begleitet die Gemeinden mit der Fortführung der Dialogplattform „Smart Cities“ sowie mithilfe des Projekts „Modellkommune Open Government“. Ein zentraler Baustein soll die „Heimatstrategie“ der neuen Bundesregierung werden, zu deren Umsetzung das BMI derzeit die neue Abteilung „Heimat“ schafft. Alle Teilnehmer der DV-Jahrestagung waren sich darin einig, dass der Glasfaserausbau oberste Priorität haben muss.
Foto: Die Jahrestagung des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV) fand am 6. Juni 2018 auf dem EUREF-Campus (Hintergrund links) in Berlin statt.
Fotocredit: aconium GmbH