Künstliche Intelligenz (KI) wird die Welt, wie wir sie heute kennen, stark verändern. Der technische Fortschritt hat Produkte in der Vergangenheit leichter, effizienter und haltbarer gemacht, KI macht nun alles „intelligenter“ und wird damit wirtschaftlich wie gesellschaftlich zu einem wichtigen Thema. Über die Zukunft der Künstlichen Intelligenz in Deutschland und Europa diskutierten Akteure aus Wissenschaft und Politik mit etwa 200 interessierten Gästen vergangenen Mittwoch in Berlin. „Technik muss dem Menschen dienen“ – das war die zentrale Botschaft des Kongresses „Künstliche Intelligenz – Perspektiven für Gesellschaft und Staat“.

Die Entwicklungen im KI-Bereich seien mittlerweile soweit, dass sie den Bildschirm verlassen und sich in der physischen Welt manifestierten, erklärte Prof. Sami Haddadin, Direktor der Munich School of Robotics and Machine Intelligence (TU München). Der Standort Deutschland ist aufgrund seines Reservoirs an guten Elektrotechnikern und Informatikern besonders geeignet für die Entwicklung der sogenannten Maschinenintelligenz, einer Symbiose aus KI und Robotik, die Mechatronik, Programmierung und Vernetzung vereint. Ziel sind sensitive Roboter, mit feinmotorischen Fähigkeiten. Diese lassen sich in der industriellen Produktion, aber auch für Pflegeaufgaben, E-Health-Anwendungen oder als persönliche Assistenzsysteme einsetzen.

Helge Braun, Chef des Bundeskanzleramtes, gab im Rahmen der Veranstaltung einen Ausblick auf die KI-Strategie der Bundesregierung, die im Laufe der kommenden Woche vorgestellt werden soll. Sie soll Künstliche Intelligenz zum Erfolgsthema in Deutschland machen. Einige Faktoren sind dabei besonders wichtig:

  • Datenverfügbarkeit: KI und insbesondere das derzeit häufig zum Einsatz kommende Maschinelle Lernen benötigen viele Daten. Wie diese effizient gesammelt und geteilt werden können, ohne dabei Persönlichkeitsrechte zu verletzen ist eine zentrale Frage bei der Gestaltung der Zukunft mit Künstlicher Intelligenz.
  • Wirtschaftliche Verwertung und Vernetzung: Der Aufbau einer Wissenschafts- und Startup-Community mit KI-Fokus ist unerlässlich. In der Spitzenforschung ist Deutschland gut aufgestellt. „Wichtig ist es, dieses Wissen in die Breite zu tragen und für die Wirtschaft anwendungsfähig zu machen“, erklärt Prof. Philipp Slusallek, Wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz. Startups, aber auch mittelständische Unternehmen und die Industrie sind hier gefordert und müssen unterstützt werden.
  • Fachkräfte: Verstärkte Aus- und Weiterbildung beim Thema KI und das Halten von Fachkräften sind essenziell für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und Europas. Bildung muss zur Plausibilitätsprüfung befähigen, also zum einordnen bestimmter Ergebnisse. Sie ist daher Grundlage für den sinnvollen Umgang mit KI. Nicht nur an Universitäten, auch an Berufsschulen oder beim Thema Weiterbildungen und lebenslanges Lernen muss nachgebessert werden. „Das muss in der Schule losgehen“, sagt Prof. Christoph Meinel (Institutsdirektor und CEO des Hasso-Plattner-Instituts). Passend dazu fordert Prof. Jörg-Müller Lietzkow, Sprecher cnetz und Professor am Institut für Medienwissenschaften an der Universität Paderborn, dass alle Schüler Grundlagen in Algorithmik und den Umgang mit Daten erlernen sollen wie Rechnen und Schreiben.
  • Regulierung: Gerade im Vergleich zu China oder den USA ist Deutschland sehr streng bei Regulierung und Datenschutz. Mit Blick auf die Nutzung von Potenzialen der Künstlichen Intelligenz geht es aktuell eher um das behutsame Aufheben regulatorischer Schranken – da wo es sinnvoll ist. Helge Braun: „Es gilt, Freiräume zu schaffen“, für Wissenschaft und Wirtschaft ohne dabei Persönlichkeitsrechte einzuschränken.
  • Gesellschaftliche Akzeptanz: Technikskepsis ist ein Hindernis für Forschung und Entwicklung im Bereich Künstliche Intelligenz. Hier gilt es, die Bürger abzuholen, ihnen die Vorteile von KI aufzuzeigen und das europäische Ziel einer menschenzentrierten, kontrollierten und sicheren Nutzung Künstlicher Intelligenz zu verdeutlichen. Alle Akteure müssen sich dafür in den kommenden Monaten und Jahren mit moralischen und ethischen Fragen auseinandersetzen, Leitlinien entwickeln und klare Grenzen setzen. Dies muss auch international diskutiert werden.

Prof. Sami Haddadin stellte im Rahmen des Kongresses eines seiner aktuellen Projekte vor: eine Modellkommune für Geriatronik in Garmisch-Patenkirchen. Dort entsteht derzeit ein Pflegeheim, in dem Assistenzroboter älteren Menschen das Leben erleichtern sollen. Im angegliederten Forschungszentrum arbeiten Wissenschaftler an der Verbesserung der intelligenten Maschinen.

Dies ist nur ein Beispiel, das zeigt, wo die Reise hingeht. Ob Gesundheit, Mobilität, Arbeit oder Freizeit – Künstliche Intelligenz ist bereits dabei unser Leben massiv zu verändern. Sinnhaft und zweckmäßig eingesetzt, kann sie die Zukunft intelligenter und lebenswerter machen und darüber hinaus Kosten sparen und Arbeitsplätze schaffen.


Foto: Prof. Dr. Sami Haddadin (Direktor der Munich School of Robotics and Machine Intelligence, TU München) bei seiner Keynote auf dem Kongress „Künstliche Intelligenz – Perspektiven für Gesellschaft und Staat“. Berlin, 7. November 2018.
Fotocredit: aconium GmbH