Für eine sichere und nachhaltige Wärmeversorgung gewinnt Fernwärme europaweit zunehmend an Bedeutung. In den Fokus rücken moderne Wärmenetze der dritten oder vierten Generation, die effizient sind und mit erneuerbaren Ressourcen und Abwärme gespeist werden können.

Auch die deutsche Bundesregierung wird zukünftig mehr in diese Technologien investieren und will mit dem Ausbau der Fernwärme die Wärmewende und Klimaschutzziele erreichen. Dies betonten Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck sowie Bundesbauministerin Klara Geywitz zuletzt beim Fernwärmegipfel in Berlin am 12. Juni 2023.

Deutschlandweit wurden 2022 ca. 6,1 Millionen Wohnungen mit Fernwärme versorgt. Der Anteil erneuerbarer Energien liegt in der Fernwärme aktuell bei rund 20 Prozent. Bis 2030 soll jedoch die Hälfte der Wärme in den Nah- und Fernwärmenetzen in Deutschland klimaneutral erzeugt werden.

Vor allem die Umsetzung sogenannter Niedertemperaturnetze, insbesondere in urbanen Räumen, bietet die Möglichkeit, Wohngebäude und ganze Quartiere zentral und flexibel aus erneuerbaren Quellen zu versorgen. Eine Grundlage für die Dekarbonisierung der Wärmenetze in Deutschland ist aktuell der Gesetzentwurf zur kommunalen Wärmeplanung. Demnach sollen Bundesländer und Kommunen ihre vorhandenen und geplanten Wärmenetze analysieren, um Potenziale für eine kosteneffiziente und klimaneutrale Versorgung zu identifizieren. Darauf aufbauend sollen Pläne für die zukünftige Wärmeversorgung erstellt werden.

Fernwärmeversorgung

Um den Kommunen und ihren jeweiligen Energieversorgern mehr Investitionsmöglichkeiten beim Netzausbau und der Nutzung klimaneutraler Wärmequellen sowie von Wärmespeichern zu ermöglichen, hat die Bundesregierung im Herbst 2022 die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) gestartet. Diese unterstützt in erster Linie die Umstellung der Fernwärme auf erneuerbare Energien. Gleichzeitig sollen durch entsprechende Förderprogramme, gekoppelt mit mehr Planungssicherheit, bis 2050 insgesamt zwischen 18 und 20 Millionen Wohnungen mit Fernwärme versorgt werden.

Auch in Bayern spielt die Fernwärmeversorgung eine wichtige Rolle. Es gibt jedoch Entwicklungspotenzial, da aktuell nur einige Großstädte in Teilgebieten mit Fernwärme versorgt werden. In der Landeshauptstadt München ist ein Drittel der Bewohner:innen an das dortige Wärmenetz angebunden. In Nürnberg und Erlangen sind es 25 Prozent und in Augsburg und Würzburg etwa 20 Prozent.

Perspektivisch planen die bayerischen Großstädte, ihre Wärmenetze auszubauen. Augsburg und Nürnberg wollen bis 2040 auf bis zu 40 Prozent Versorgung mit Nah- oder Fernwärme kommen. In München ist aufgrund der dichten Bebauung sogar eine höhere Versorgungsquote möglich. Zudem wird hier das Wärmenetz auf die Einbindung geothermisch erzeugter Wärme umgestellt. Der klimafreundliche Ausbau der Nah- und Fernwärmeinfrastruktur, also der Betrieb von Niedertemperaturnetzen, die aus erneuerbaren Ressourcen gespeist werden, ist auch Zielstellung weiterer Städte.

Energieeffizienz mit Niedertemperaturnetzen

Der nachhaltige und zukunftsorientierte Ausbau von Fernwärmenetzen der vierten Generation beschäftigt aktuell viele europäische Städte. Das von aconium initiierte EU-Projekt „LowTEMP – Niedertemperaturfernwärme für den Ostseeraum“ hat sich intensiv mit der Planung, Finanzierung und Installation von Niedertemperaturfernwärmesystemen beschäftigt. Sie zeichnen sich durch die Übertragung von Wärme mit niedrigem Temperaturniveau in optimal isolierten Leitungen aus. Erst mit der Umrüstung der bestehenden Fernwärmesysteme auf niedrige Vor- und Rücklauftemperaturen und den gleichzeitigen Neubau von diesen Systemen der vierten Generation ist die umfassende Einbindung erneuerbarer Wärmequellen möglich. „Dies ist insbesondere für den energetisch sanierten Gebäudebestand oder den Neubau von Quartieren die passende Lösung.

Mehr Wissen durch Online-Kurse

Wie genau ist ein Fernwärmenetz aufgebaut und welche europäischen Rahmenbedingungen gibt es im Bereich nachhaltige Wärmeversorgung? Basierend auf den Erfahrungen und Ergebnissen des EU-Projekts LowTEMP wurden im Rahmen des Erweiterungsprojekts LowTEMP 2.0 drei e-Learning Kurse entwickelt. Mit ihnen können sich die für Energiefragen zuständigen kommunalen Vertreter:innen, Energieversorgungsunternehmen, Energieagenturen und Planer:innen sowie die interessierte Öffentlichkeit kostenlos zum Thema Fernwärme und Niedertemperaturnetze weiterbilden. Die Lehrinhalte sollen das Bewusstsein für die Bedeutung und die nachhaltigen Einsatzmöglichkeiten dieser Wärmeversorgungssysteme schärfen. Die e-Learning Kurse sind in englischer und deutscher Sprachversion auf der LowTEMP-Website verfügbar: https://www.lowtemp.eu/e-learning

 

Die vier Generationen von Fernwärmesystemen

  1. Generation (ca. 1880-1930): Verteilung von Wärme per Dampf über Betonrohre (Nähe zum Wärmelieferanten)
  2. Generation (ca. 1930-1980): Heißwassersystem (über 100 °C) mit oberirdischen Druckleitungen
  3. Generation (ca. 1980-2020): Gedämmte Rohrleitungen, unterirdische Verlegung ermöglicht bessere Energieeffizienz und niedrigere Temperaturen
  4. Generation (seit ca. 2020): Intelligentes Wärmeversorgungssystem, mehr Energieeffizienz, Vorlauftemperaturen von 50-70 °C (sogenannte Niedertemperatur-Fernwärme)