Chancen, Potenziale und Umsetzungsmöglichkeiten von Open Data in kleinen und ländlichen Kommunen in Deutschland
Während es Länder wie Frankreich und Polen bereits erfolgreich umsetzen, steckt in vielen deutschen Kommunen ein enormes, ungenutztes Potenzial hinter noch verschlossenen Türen: Daten. Open Data, oder einfach offene Daten, könnten Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig verändern. Gerade für kleine und ländliche Kommunen könnte Open Data weit mehr sein als ein abstraktes Digitalthema: Daten in Wissen verwandeln, Innovation fördern und Transparenz stärken.
Deutschland fällt im aktuellen EU Open Data Maturity Report 2024 mit dem größten Punktverlust zurück und landet auf Platz 25.[1] Besonders in ländlichen Kommunen wird ein erheblicher Nachholbedarf festgestellt.[2] Doch welche Chancen und Potenziale liegen hinter diesen Türen, und wie lassen sie sich öffnen?
Was sind Open Data?
Open Data bezeichnet Daten, die offen zugänglich, qualitativ hochwertig und maschinenlesbar sowie uneingeschränkt nutzbar sind, sodass sie jeder verwenden, weiterverarbeiten und teilen kann[3]. Sie werden unter offenen Lizenzen veröffentlicht und können für verschiedene Anwendungen und Zwecke genutzt werden.[4] Offene Datensätze stammen aus unterschiedlichsten Bereichen, darunter Verwaltung, Wissenschaft, Verkehr und Wirtschaft.
Open Data kann mit verschiedenen Modellen bewertet werden. Das Open Data Maturity Model der EU bewertet so beispielsweise den Reifegrad von Open Data in europäischen Ländern anhand von vier Dimensionen: Politik, Portal, Qualität und Wirkung.[5] Deutschland fällt insbesondere in den Kategorien Qualität und Wirkung weiter zurück. Dabei können eine höhere Datenqualität, gezielte Nutzung und eine strukturierte Bereitstellung sowohl wirtschaftliche als auch gesellschaftliche Vorteile bringen.
Chancen und Herausforderungen von und für Open Data
Das Bereitstellen von Open Data bringt für Kommunen zahlreiche Vorteile. Bereits in einer Kommunalbefragung von 2022 sahen knapp ein Viertel der befragten Kommunen Open Data und die Bereitstellung ihrer Datenbestände als Chance.[6] Besonders wurde transparenteres Handeln auf gesellschaftlicher Ebene als zentrale Chance gesehen. Eine offene und transparente Verwaltung erhöht die Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns, stärkt so das Vertrauen der Öffentlichkeit und die Akzeptanz und Wahrnehmung kommunaler Arbeit und Entscheidungen.[7]
Wie das Open-Data-Portal der Stadt Bonn zeigt, ermöglicht ein freier Zugang zu Daten der Stadtgesellschaft eine aktivere Teilhabe, um schließlich innovative und nachhaltigere Lösungen zu entwickeln.[8]
Auch verwaltungsintern bietet Open Data erhebliche Mehrwerte für Prozessoptimierungen und Bürokratieabbau. Durch offene Schnittstellen (APIs) können Verwaltungsdaten und -unterlagen effizienter genutzt werden, bürokratische Hürden reduziert und bestehende Datensilos aufgebrochen werden. Das erleichtert den Austausch zwischen Bürgerschaft, Behörden und Organisationen.[9];[10]
Ein wichtiger Schritt nach der Veröffentlichung ist die eigentliche Nutzung der Daten, zum Beispiel im Rahmen der Umsetzung eines Digitalen Zwillings. Digitale Zwillinge als Abbilder realer Objekte und Prozesse können durch Open Data kontinuierlich aktualisiert werden. Dies ermöglicht präzisere Analysen, fundierte Entscheidungen und eine vorausschauende räumliche Planung. Der Digitale Zwilling der Stadt Rotterdam zeigt beispielsweise, dass Open Data durch die Bündelung auf einer zentralen Plattform einen erheblichen Mehrwert schafft. Als „zentrale Datendrehscheibe“ kann der Digitale Zwilling so für Analysen und Simulationen genutzt werden, ohne bestehende Verwaltungsprozesse zu verändern.[11]
Viele Kommunen sind sich ggf. zunächst des Mehrwerts von Open Data nicht bewusst. Zudem fehlen vielen kleinen und ländlichen Kommunen die nötigen personellen und finanziellen Ressourcen, um entsprechende Projekte zu realisieren.[12] Hinzu kommen technische Hürden und fehlendes Know-How, was die Aufbereitung und Bereitstellung der Daten erschwert. Datenschutzrechtliche Bedenken, insbesondere in Auslegung der DSGVO, stellen eine weitere Hürde dar.[13] Ein großes Problem ist zudem die uneinheitliche Datenqualität und mangelnde Standardisierung, wodurch die Nutzbarkeit der Daten eingeschränkt wird.[14]
Handlungsempfehlungen für kleine Kommunen
Interkommunale Kooperationen mit anderen Kommunen oder Städten sind sinnvoll, um Ressourcen zu bündeln und gemeinsame Open-Data-Plattformen zu nutzen. Ein Beispiel ist das INTERREG-Central Europe Projekt DoorCE, das lokale Daten-Hubs entwickelt. Mithilfe von No- bzw. Low-Code-Tools können offene Daten einfach und ohne tiefgehende technische Kenntnisse (bspw. durch KMUs und Bürger:innen) weiterverwendet werden. Das Ziel hierbei ist ein stetiger Datenfluss von Echtzeitdaten. Eine schrittweise Einführung durch Pilotprojekte bzw. Use-Cases, beispielsweise mit Umwelt- oder Verkehrsdaten, kann den Einstieg in eine Open-Data-basierte Entwicklung erleichtern. Zudem sollten Kommunen auf Open-Source-Lösungen setzen (bspw. CKAN), da diese eine kosteneffiziente Möglichkeit zur Datenveröffentlichung bieten.
Kommunen können ebenso Förderprogramme auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene nutzen, um finanzielle Unterstützung zu erhalten. Standardisierte Datenformate und APIs verbessern die Interoperabilität, während eine aktive Bürgerbeteiligung die Akzeptanz erhöht. Durch diese Maßnahmen können auch kleine Kommunen die Vorteile von Open Data, wie mehr Transparenz und Innovation, gezielt nutzen.
[1] European Commission (Hrsg.) (2024): 2024 Open Data Maturity Report, Luxembourg, S. 6. URL: https://data.europa.eu/sites/default/files/odm2024_full_report.pdf
[2] Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2022): Kommunalbefragung Open Data 2022. In: LebensWerte Kommune, Ausgabe 4, S. 8. URL: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/PicturePark/2022-11/Kommunalbefragung_Open_Data_2022.pdf
[3] Cooperation OGD Österreich (Hrsg.) (2023): Ein Leitfaden für offene Daten, S. 2-9. URL: https://www.data.gv.at/wp-content/uploads/2023/07/Open_Data_Leitfaden_20230622.pdf
[4] Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2020): Ein Leitfaden für offene Daten, S.8. URL: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/Smart_Country/Open_Data_Leitfaden.pdf
[5]European Commission (Hrsg.) (2024), S.15
[6] Bertelsmann Stiftung (2022), S. 5
[7] TSB (Hrsg.) (2014): Digitales Gold. Nutzen und Wertschöpfung durch Open Data für Berlin, S. 15. URL: https://www.technologiestiftung-berlin.de/downloads/digitales-gold-nutzen-und-wertschoepfung-durch-open-data
[8] Fraunhofer IESE (Hrsg.) (2023): Open Data für Smarte Landkreise, S. 8. URL: https://toolset.deutschlanddigital.org/wp-content/uploads/sites/17/2023/05/Open-Data-fuer-Smarte-Landkreise.pdf
[9] Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) (Hrsg.) (2021): Open-Data-Strategie der Bundesregierung, S. 14. URL: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/moderne-verwaltung/open-data-strategie-der-bundesregierung.pdf?__blob=publicationFile&v=6
[10] Bertelsmann Stiftung (2022), S. 6
[11] BBSR (2023): Digitale Zwillinge. Potenziale in der Stadtentwicklung, S. 14. URL: https://www.smart-city-dialog.de/system/files/media/1247/1698743169/digitale-zwillinge-dl.pdf
[12] Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2020): Open Data in Kommunen – Eine Kommunalbefragung zu Chancen und Herausforderungen der Bereitstellung offener Daten, S.10 ff. URL: https://backend.repository.difu.de/server/api/core/bitstreams/45f524c9-246f-4496-9898-1d5fe7c3c47b/content
[13] Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) (Hrsg.) (2021): Open-Data-Strategie der Bundesregierung, S. 15 ff.. URL: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/moderne-verwaltung/open-data-strategie-der-bundesregierung.pdf?__blob=publicationFile&v=6
[14] Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2020): Open Data in Kommunen – Eine Kommunalbefragung zu Chancen und Herausforderungen der Bereitstellung offener Daten, S.15. URL: https://backend.repository.difu.de/server/api/core/bitstreams/45f524c9-246f-4496-9898-1d5fe7c3c47b/content