Die Fachmesse „Digitale Regionen – heute und morgen“ widmete sich unter anderem Zukunftsvisionen, deren infrastrukturelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Voraussetzungen heute entstehen. Zu diesen Themen zählt vor allem das Konzept der Smart City, dem sich die aconium GmbH bereits vor Jahren in einem Projekt angenommen hat. Klare Visionen und der Wissensaustausch gelten als vielversprechende Erfolgskonzepte für Unternehmen und Städte auf dem Smart City-Markt. Im Rahmen unserer Messe sprachen wir mit Jan-Philippe Schilt, Junior Projektmanager bei eco – Verband der Internetwirtschaft, über konkrete Anwendungen im Smart City-Bereich und die Bedeutung vernetzten Denkens.


aconium GmbH: Sie haben eine umfangreiche Studie zur Marktentwicklung von Smart City in Deutschland für die Jahre 2017 – 2022 veröffentlicht. Zu welchen Ergebnisse kamen Sie? Wie ist der Status quo in Deutschland und welche Entwicklungen erwarten Sie in den nächsten fünf Jahren?

Jan-Phillippe Schilt: In den nächsten fünf Jahren wird sich das Smart-City-Marktvolumen verdoppeln, was bedeutet, dass wir vielfach vernetzter sein werden als heute. Weltweit wird das Thema „Smart City“ von jeder Stadt anders angegangen, die Ziele reichen von Energieeinsparungen und Dienstleistungen für die Bürger wie in Deutschland bis hin zu einer starken Verkehrsüberwachung- und Lenkung wie in den Emiraten und Ostasien. Mittelfristig sehen wir in Deutschland vor allem noch Piloten in den einzelnen Segmenten, während in Asien Smart-City-Plattformen schon segmentübergreifend integriert werden.

aconium GmbH: Welche konkreten Anwendungen und Konzepte werden schon heute umgesetzt? In welche Bereiche wird investiert?

Jan-Phillippe Schilt: Persönlich bin ich vor allem darauf gespannt, welche Lösungen im Verkehrsmanagement umgesetzt werden. Induktionsschleifen, die erkennen, wenn ein Auto vor der Ampel steht, gibt es schon lange, genauso wie Ampeln, an denen Linienbusse schneller Grün bekommen. Smart wird Technik aber erst, wenn Sensorik auch vernetzt wird und situativ Anpassungen ermöglicht. Beispielsweise bekommen in Holland Linienbusse mit Verspätung schneller grünes Licht als wenn sie im Plan liegen. Fahren Autos über die Kreuzung wird nach dem letzten Auto sofort auf Rot geschaltet.

Gerade in Berlin verzichten immer mehr Bürger auf ein eigenes Auto, der Verkehr wird multimodaler. Generell wächst die Nachfrage der Gesellschaft nach technischen Innovationen mit den neu geschaffenen technischen Möglichkeiten.

aconium GmbH: Welche Herangehensweise empfehlen Sie Unternehmen und Städten auf dem Weg zur Smart City?

Jan-Phillippe Schilt: Smart City ist ein Schnittstellen- und Ökosystemthema. Das bedeutet, dass Beziehungen zwischen ganz unterschiedlichen Akteuren wie Bürgern, Wirtschaft, Politik und Technik – das können tangible Objekte sein, aber beispielsweise auch Algorithmen – immer vernetzter und verflochtener werden.
Für Entscheider bei Städten und Unternehmen bedeutet dies, Ziele eng zu definieren und Datensilos aufzubrechen, um diese genau wie Mitarbeiter und Fachabteilungen miteinander zu vernetzen.

Sinnvollerweise führen Städte Projekte gestaffelt nach dem größten Einsparpotenzial durch und versuchen, ihre öffentlichkeitswirksamsten Projekte gut zu vermarkten, um ihre Bürger zu begeistern und Fördermittel zu erhalten.

Unternehmen müssen Lücken in technischer Ausstattung und Mitarbeiterwissen schließen, ganzheitlich denken und über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg Partnerschaften eingehen, während Städte auch überlegen müssen, welche Partnerschaften sie NICHT eingehen und wo sie sich im Spannungsfeld Open Data/Datensouveränität positionieren wollen.

aconium GmbH: Herr Schilt, vielen Dank für das Interview.


Foto oben: Jan Phillipe Schilt (Projektmanager, eco – Verband der Internetwirtschaft e. V.) bei seinem Vortrag im Rahmen von Digitale Regionen – heute und morgen am 26.10.2017 in Berlin.
Fotocredits: aconium GmbH / Florian Schuh