Auf kommunaler Ebene laufen zahlreiche Daten zusammen, die in den meisten Städten und Gemeinden noch nicht miteinander verknüpft sind. Viele Verwaltungen nutzen außerdem eigene Ablagesysteme und können nicht direkt auf die Daten aus anderen Fachbereichen zugreifen. Dabei ermöglicht vor allem die zentrale Verknüpfung dieses Datenschatzes neue Handlungsspielräume für Kommunen.

Wie können Deutschlands Gemeinden Planungen oder Projekte auf Basis von Daten schneller, besser und kostengünstiger umsetzen? Und vor allem: Wie können dann Entscheidungen beschleunigt werden? Eine mögliche Lösung bietet die digitale Replikation von Städten – der digitale Zwilling. Im Förderprogramm „TwinBy – Digitale Zwillinge für Bayern“ haben 17 bayerische Städte und Gemeinden an solchen Lösungen gearbeitet. In Zusammenarbeit mit der Landesregierung haben sie digitale Zwillinge implementiert, in denen diverse Datensätze zusammenlaufen und unter verschiedenen Fragestellungen ausgewertet werden können. Die digitalen Abbilder bieten Kommunen zahlreiche Chancen, in die Rolle einer „Digitalen Daseinsfürsorge“ hineinzuwachsen, effizienter zu wirtschaften und interne Prozess zu vereinfachen. Sie vereinen und visualisieren Daten auf der Grundlage von 2D- oder 3D-Modellen und ermöglichen Simulationen für zukünftige Szenarien.

Mithilfe dieser digitalen Modelle realer Objekte oder Prozesse können verschiedene Daten in Zusammenhang gebracht und Veränderungen ohne großen Aufwand getestet werden. Die 3D-Stadtmodelle dienen als Grundlage für verschiedenartige Anwendungsfälle, beispielsweise um Starkregen- und Flutereignisse zu simulieren oder Mobilitätsverhalten in Innenstädten live darzustellen.

Das Projekt TwinBy legt damit den Grundstein für eine standardisierte Verfügbarkeit und Vernetzung von Daten und Anwendungen. Daten lassen sich aus unterschiedlichen, dezentral gespeicherten oder erzeugten Quellen integrieren und so schrittweise individuelle digitale Zwillinge aufgebaut werden.

Das Bayerische Staatsministerium für Digitales hat mit dem Förderprogramm 17 kommunale Förderprojekte bei der Erstellung individueller digitaler Zwillinge anhand konkreter Anwendungsfälle unterstützt. Innerhalb eines Jahres konnten die Fördernehmer individuelle und konkrete Vorhaben beispielsweise aus den Bereichen „Energie und Umwelt“ oder „Mobilität und Gesundheit“ umsetzen.

aconium begleitete neun Fördernehmer auf ihrem Weg zum Digital Twin

Die aconium GmbH unterstützte neun Fördernehmer des Programms und setzte die Open Source Lösung „Masterportal“ für Neunburg vorm Wald, Schwabach, Deggendorf & Plattling, NordAllianz, Aschaffenburg, Pressath und Schwandorf um.

Neben dem Zugang zum Masterportal konnten auch Pilotvorhaben implementiert und so erste Anwendungsbeispiele geschaffen werden. Die Projektideen der Fördernehmer reichten dabei vom digitalen Modell der Stadt Schwabach zur Abmilderung der Folgen von Hochwasser bis hin zur intelligenten Verkehrssteuerung bei der Suche eines freien Parkplatzes im oberpfälzischen Schwandorf.

Die Stadt Kempten nutzte das Projekt zur Weiterentwicklung des vorhandenen digitalen Zwillings. Hier fehlte bislang ein strukturierter Datenkatalog und damit die Möglichkeit, vorhandene Daten zu ordnen und gezielt einzusetzen. Mithilfe eines SDDI-Katalogs, der Daten mit einem 3D-Stadtmodell verknüpft, und der passenden Software für Datenportale konnte die Stadt ihre Datensätze durchsuchen, hoch- und herunterladen und veröffentlichen. Jetzt werden die Daten im Geoportal räumlich verortet und können per Suchfunktion gefunden werden .

Im Rahmen ihrer Smart City Strategie plant die Stadt Kempten den internen Datenraum zu öffnen und als Open Data anzubieten. Als größten Mehrwert des digitalen Zwillings sieht die Stadt die Möglichkeit, komplexe räumliche Sachverhalte einfach und intuitiv darstellen zu können.

Die technische Implementierung des digitalen Zwillings, die Auswahl der Daten und die Schulung der Mitarbeitenden war auch für Kemptens Kommunalverwaltung eine Herausforderung. Die aconium GmbH hat sie auf diesem Weg unterstützt.

Von unserer Erfahrung aus diesem Projekt profitieren nun Kommunen aus ganz Deutschland für die wir maßgeschneiderte Lösungen bei der Entwicklung und dem Aufbau eines digitalen Zwillings anbieten können. Politische Entscheidungsträger haben durch digitale Zwillinge bessere Möglichkeiten, fundierte Entscheidungen zu treffen, indem sie die Daten aus den Kommunen mit ihren jeweiligen (zukünftigen) Auswirkungen kennen bzw. einfacher und schneller nachvollziehen können. Außerdem können sie Kommunen dabei unterstützen, sich zukunftsfähig aufzustellen, beispielsweise indem die städtische Infrastruktur an den Klimawandel angepasst wird. Weiterhin bietet sich die Möglichkeit, besser zu wirtschaften (bspw. Wo ist Kostensenkung durch weniger Energieverbrauch möglich?) oder die E-Government-Angebote voranzubringen.

Ein Leuchtturm-Projekt geht zu Ende

Bei der Abschlussveranstaltung am 11. April stellten die Fördernehmer ihre digitalen Zwillinge innerhalb einer Ausstellung vor und hatten in Gesprächsrunden Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch. Auch der bayerische Staatsminister für Digitales, Dr. Fabian Mehring, war vor Ort und freute sich über die Ergebnisse: „Mit dem Abschluss von TwinBy gehen wir einen wichtigen Schritt weiter auf unserem Weg zu einem modernen Staat: Wir haben innovative Planungsmodelle auch in kleinere Städte und Gemeinden gebracht. So geht erfolgreiche Digitalisierung – nicht zum Selbstzweck, sondern mit einem konkreten Mehrwert für die Lebenswirklichkeit vor Ort.“

aconium-Projektleiter David Schäfer resümierte: „Von Anfang an stand der kontinuierliche Austausch mit den Fördernehmern im Mittelpunkt, um im Blick zu behalten, was mit den Daten abgebildet werden soll.“

Informationen und Daten sind der Schlüssel für fundierte Entscheidungen in vielen Bereichen kommunaler Politik und Entwicklung – Stadtwicklung, Verkehrsplanung, Umweltschutz, Energie- und Gebäudemanagement, E-Government-Angebote und vieles mehr werden durch eine konsistente und transparente Datenlage unterstützt und vereinfacht. Das ermöglicht verlässliche und schnellere Entscheidungsprozesse. Die eigene Datenlage und die Bedarfe zu kennen ist für Städte und Kommunen der Anfang der Reise hin zum digitalen Zwilling, die konkrete technische Umsetzung der nächste Schritt. aconium steht ihnen auch in Zukunft beim Aufbau und weiteren Entwicklung individueller digitaler Zwillinge als Partner zur Seite.

Hintergrund des Projektes

Mit einem Gesamtfördervolumen von rund einer Million Euro wurden laut Ministerium 17 Projekte von 13 Einzelkommunen sowie vier kommunalen Verbünden gefördert. Die teilnehmenden Kommunen erhielten Beratungs- und Coaching-Leistungen ausgewählter Dienstleister für die fachliche und technische Umsetzung sowie finanzielle Mittel von bis zu 50.000 Euro für einzelne Kommunen und bis zu 75.000 Euro für ortsübergreifende Projekte.

Das bayernweite Projekt förderte außerdem den Austausch zwischen den Kommunen, sodass die Akteure gegenseitig von ihren Erfahrungen profitieren können. Ein begleitendes Qualifizierungsprogramm stellt sicher, dass auch nach Projektende mit und an den Digitalen Zwillingen weitergearbeitet werden kann.